In der Vergangenheit war für viele ausländische Unternehmen der Aufbau einer Vertretung (sog. Representative Office, „RO“) der effizienteste, weil kostengünstigste erste Schritt, um auf dem chinesischen Markt Fuß zu fassen. Zukünftig dürften aber die Nachteile einer solchen Geschäftsstruktur die Vorteile überwiegen. Zum 1. März 2011 wurden die Rahmenbedingungen deutlich verschärft. Kosten und Formalitäten für die Einrichtung und den Betrieb von Rep Offices in China sind deutlich gestiegen.

Ausländische Unternehmen müssen kürzere Fristen, neue Meldepflichten und strengere Einschränkungen ihrer Aktivitäten in Kauf nehmen und härtere Strafen gewärtigen, wenn sie diese Vorschriften verletzen. Die neuen Regeln sind unter dem Titel Regulations for Administration of Registration of Resident Representative Offices of Foreign Enterprises am 19. November 2010 veröffentlicht worden und per 1. März 2011 in Kraft getreten.

Zugelassene Tätigkeiten

Die neuen Regeln sind restriktiver in Bezug auf die erlaubten Tätigkeiten eines RO. Ein solches ist weiterhin nur noch möglich für
(i) Marktforschung, Präsentationen und Promotionsaktivitäten für Produkte und Dienstleistung des Mutterhauses oder für
(ii) Vermittlungsaktivitäten in Bezug auf Verkauf von Produkten sowie Beschaffungen und Investitionen in China

Verfahren und Formalitäten

Obwohl einige Formalitäten durch die neuen Regeln abgeschafft wurden, erhöhen die Kapitel III und VI der Verordnung den Verwaltungsaufwand und die Kosten für die Errichtung und den Betrieb von RO deutlich. Die wichtigsten Änderungen:

  1. Nur ausländische Unternehmen, die für mehr als 2 Jahre bestanden haben, können ein RO in China eröffnen.
  2. Ein RO darf nicht mehr als vier ausländische Angestellte umfassen (inkl. Chef).
  3. Ein RO muss neu jährlich einen Bericht über seine geschäftlichen Aktivitäten zusammen mit dem geprüften Jahresabschluss der Behörde für Industrie und Handel (Administration for Industry and Commerce, “AIC”) einreichen zwischen 1. März und dem 30. Juni jeden Jahres. 
  4. Neu sind nicht nur die Veränderungen beim RO der AIC zu melden, sondern auch Änderungen von Zeichnungsberechtigungen, Kapital oder Struktur des Mutterhauses innerhalb von 60 Tagen ab der Änderung bzw. 30 Tagen nach der Genehmigung der chinesischen Behörden, sofern erforderlich.

 

Verschärfung der Sanktionen

Die neue Verordnung erweitert die Sanktionsmöglichkeiten der AIC:

  1. Die Strafe für illegale operative Tätigkeiten wird von RMB 20.000 auf RMB 500.000 erhöht. Zudem haben die Behörden das Recht, die illegal erwirtschafteten Erträge sowie die Werkzeuge, Ausrüstungen, Rohstoffe, Produkte und sonstigen Vermögenswerte, die für operative Tätigkeiten eingesetzt wurden, zu beschlagnahmen. In schweren Fällen kann die Lizenz des RO widerrufen werden.
  2. Ausländische Unternehmen, welche für zulässige Aktivitäten RO betreiben, ohne als solche registriert zu sein, können neu statt mit Bußen bis zu RMB 10.000 bis zu solchen von bis zu RMB 200.000 bestraft werden. Für Non-Profit-Organisationen wurden die Bußgelder von RMB 5.000 auf RMB 100.000 erhöht. In schweren Fällen kann die Lizenz des RO widerrufen werden.
  3. Die nicht fristgerechte Einreichung des Jahresberichts bzw. des geprüften Jahresabschlusse sowie jede Verspätung von registrierungspflichtigen Aktivitäten und Geschäften können mit Geldstrafen bis zu RMB 30.000 geahndet werden. Auch hier kann die Lizenz in schweren Fällen widerrufen werden.

 

Zusammenfassend wird die neue Verordnung die administrative Belastung und die Kosten für die Errichtung und Betrieb eines RO erhöhen.

Ausländische Investoren, die sich in der VR China engagieren wollen oder bereits ein RO haben, und die beabsichtigen in der VR China operativ tätig zu sein, sollten sich deshalb die Gründung  einer 100%-ige chinesischen Tochtergesellschaft überlegen.

Alternative: Gründung einer chinesischen Tochtergesellschaft

Im Vergleich mit der Gründung eines Rep Office ist die Gründung einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nur unwesentlich aufwendiger. Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung („GmbH“) stellt die ganz überwiegend verwendete Rechtsform in China für ausländische Investoren dar.

Abgesehen von der Rechtsform muss sich der Investor auch über den Geschäftszweck der GmbH von Anfang an im Klaren sein, denn – anders als in den meisten europäischen Ländern – ist in China der Zweck positiv, präzise und abschließend zu definieren.

Grundsätzlich kann man die Geschäftszwecke in Handel, Produktion und Dienstleistung unterscheiden. Daneben müssen aber auch die angebotenen Produkte bzw. Dienstleistungen selbst in der Geschäftslizenz abschließend beschreiben sein. Da die Behörden hierbei auf standardisierte Formulierungen zurückgreifen ist hier höchste Aufmerksamkeit erforderlich.

Der ausländische Investor sollte sich schon zu diesem frühen Zeitpunkt einen fachkundigen Berater zur Seite stellen, der unter anderem im sog. Foreign Investment Guidance Catalogue prüft, ob die gewünschten Produkte gehandelt oder produziert bzw. die Dienstleistungen angeboten werden dürfen. Trotz China’s Beitritt zur WTO im Jahr 2001 und Liberalisierungsschritte sind zahlreiche Bereiche für Ausländer verschlossen oder immer noch stark reglementiert.

Auch die Festlegung des Standorts und des Stammkapitals sind früh in die Überlegungen einzubeziehen, da die Gründungsanforderungen und v.a. die Praxis landesweit stark divergieren. Insbesondere kann die Höhe der Investition einen Einfluss auf die Breitwilligkeit der zuständigen Behörde für die Erteilung der Geschäftslizenz haben.

Viele ausländische Investoren machen den Fehler, sich von den behördlichen Mindestkapitalanforderungen leiten zu lassen, was in der operativen Phase zu Finanzierungsengpässen führen kann, weil eine Refinanzierung in China aufgrund der geltenden Fremdwährungsbeschränkungen weit länger dauert und mit großem (behördlichen) Aufwand verbunden ist. Es ist daher ratsam, die Anlaufkosten und den sich daraus ergebenden Kapitalbedarf sorgfältig auszurechnen.

Nachdem diese Hürden genommen wurden, müssen die entsprechenden Informationen nur noch in mannigfaltige Formblätter, Anträge, Ernennungsschreiben, Satzungen und weitere Genehmigungs- und Registrierungsunterlagen eingetragen und zusammengefasst werden, um den zweistufigen Genehmigungs- und Registrierungsprozess zu starten. Auch hier empfiehlt es sich dringend, fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen, denn einmal eingereicht, können keine nachträglichen Änderungen vorgenommen oder zusätzliche Dokumente nachgereicht werden. Fehlen Informationen oder sind Dokumente nicht richtig ausgefüllt – manchmal reicht schon die Unterschrift mit dem blauen anstatt dem schwarzen Kugelschreiber – so werden alle Antragsunterlagen zurückgewiesen und müssen neu eingereicht werden. Bei einem insgesamt fünf Monate dauernden Genehmigungs- und Registrierungsprozess kann eine Zurückweisung in der Mitte des Genehmigungsverfahrens zu erheblichen Verzögerungen im Projektplan führen.

Ist die Geschäftslizenz ausgestellt, so geht es aber trotzdem noch nicht mit dem Geschäfte machen los, denn erst müssen insgesamt 16 verschiedene Stationen angelaufen werden, von der Herstellung der Geschäftsstempel, die in China die Unterschrift ersetzen, über die Ausstellung von Zertifikaten und die Eröffnung von Bankkonten, die allein bis zu drei Wochen in Anspruch nehmen können, bis man sein Stammkapital einzahlen darf.

Das Stammkapital, das wie in Deutschland auch für geschäftsbezogene Kosten verwendet werden kann, muss nicht sofort vollständig, sondern kann in Raten innerhalb von 2 Jahren einbezahlt werden. Damit wird das Erfordernis eines Stammkapitals, das ausländische Investoren oft als größten Nachteil der Tochtergesellschaft im Vergleich zum Rep Office empfinden, gemildert.  Umgekehrt überwiegt dann der Hauptvorteil im Vergleich zum Rep  Office, nämlich das Recht der Gesellschaft, Verträge mit ihren Geschäftspartnern innerhalb und außerhalb von China abzuschließen und hierfür entsprechende offizielle Rechnungen und entsprechende Quittungen – sog. FaPiao – ausstellen zu können.

Dr. Beat Brechbühl (Kellerhals Anwälte, Basel/Bern/Zürich), Rainer Burkardt (Burkardt, Böhland & Partner Rechtsanwälte / EunaCon Group, Shanghai), Dr. Barbara Mayer

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