Werden einem GmbH-Geschäftsführer Kompetenzen entzogen, kann er seinen Anstellungsvertrag unter Umständen fristlos kündigen. Eine Schadensersatzpflicht der Gesellschaft scheidet jedoch aus, wenn die Kompetenzbeschränkung organisationsrechtlich zulässig war.

Hintergrund

Im Zuge der Umstrukturierung der beklagten GmbH lagerte deren Gesellschafterversammlung u. a. das Rechnungswesen der Gesellschaft aus. Nach dem Anstellungsvertrag war der bis zur Umstrukturierung alleinige Geschäftsführer der Beklagten hierfür zuständig. Bereits zuvor hatte die beklagte Gesellschaft ein Sonderrecht des klagenden Geschäftsführers auf Alleinvertretungsbefugnis aus der Satzung entfernt. Mit der Umstrukturierung wurde ein weiterer Geschäftsführer bestellt und diesem Einzelvertretungsbefugnis erteilt. Die Einzelvertretungsbefugnis des klagenden Geschäftsführers wurde widerrufen. Der klagende Geschäftsführer verlangt nun Schadensersatz von der Beklagten aus § 628 BGB. Das OLG Karlsruhe lehnte den Schadensersatzanspruch ab. Die Revision ist derzeit beim BGH anhängig.

Das Urteil des OLG Karlsruhe vom 23.03.2011

Das OLG sah dir fristlose Kündigung des Geschäftsführers zwar als gerechtfertigt an. Im Anstellungsvertrag seien die ausgelagerten Kompetenzen dem Kläger zugeschrieben worden, durch die Umstrukturierung sei der Anstellungsvertrag somit verletzt worden. Eine Schadensersatzpflicht der Beklagten gem. § 628 BGB setzte aber voraus, dass die Gesellschaft die Kündigung durch ein vertragswidriges Verhalten herbeigeführt habe. Das OLG Karlsruhe lässt für das vertragswidrige Verhalten nicht den Verstoß gegen den Anstellungsvertrag ausreichen, sondern bezieht mit dem GmbHG das Organisationsrecht der GmbH sowie die Satzung der Gesellschaft mit ein. Die Satzung habe die Möglichkeit der Bestellung weiterer Geschäftsführer vorgesehen, das Sonderrecht des klagenden Geschäftsführers sei rechtmäßig aus der Satzung gestrichen worden. Demnach war es möglich, dass die Gesellschafterversammlung den Geschäftsführern eine Geschäftsordnung gab. Im Übrigen habe selbst der Anstellungsvertrag den Erlass einer Geschäftsordnung vorgesehen. (OLG Karlsruhe, Urteil v. 23.03.2011, 7 U 81/10).

Anmerkung

Das Urteil des OLG Karlsruhe widerspricht einem Urteil des OLG Frankfurt a. M. vom 17.12.1992, folgerichtig wurde die – zwischenzeitlich eingelegte - Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen (Az. II ZR 76/11). Die Einlegung der Revision ist verständlich, da die Entscheidung des OLG Karlsruhe ein vertragswidriges Verhalten mit einem gesetzlich zulässigen Verhalten ausschließt. Ob der BGH diese Ansicht teilt, bleibt abzuwarten.

Diese Entscheidung verdeutlicht einmal mehr, dass Anstellungsvertrag, Satzung und Geschäftsordnung aufeinander abgestimmt sein sollten. Aus Sicht der Gesellschaft ist zu raten, im Anstellungsvertrag des Geschäftsführers jeweils einen Verweis auf die organisationsrechtliche Änderungskompetenz der Gesellschafterversammlung aufzunehmen. Anstellungsverträge von Geschäftsführern sollten die Kompetenzen des Geschäftsführers möglichst allgemein umreißen, so dass eine detaillierte Tätigkeitsbeschreibung in der von den Gesellschaftern einseitig abzuändernden Geschäftsordnung möglich ist.

Ein Geschäftsführer wiederum könnte versuchen, in seinem Anstellungsvertrag einen Beispielskatalog zum vertragswidrigen Verhalten einzufügen. Hierin könnte auch die organisationsrechtliche Umstrukturierung geregelt werden. Letzteres gilt auch für den Fall, dass der BGH das Urteil des OLG Karlsruhe aufhebt.

Dr. Barbara Mayer, Jan Henning Martens

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