Regelmäßig werden Neufahrzeuge „ab Werk" verkauft. Das besagt: Die Gefahr geht auf den Händler ab Werk über; er ist für den Transport zu seinem Betrieb verantwortlich und auch für die dabei entstehenden Kosten.

Tatsächlich hat ein Markenhändler aber mit dem Transport zu seinem Betrieb in der Regel gar nichts oder nur wenig zu tun - von einigen Ausnahmen abgesehen. Vielmehr sorgt der Hersteller/Importeur (nachstehend Hersteller) dafür, dass das Fahrzeug ihm zugestellt wird - und der Hersteller berechnet ihm dafür Überführungskosten. Allerdings sind dies ganz überwiegend nicht die tatsächlich angefallenen Überführungskosten (also diejenigen Kosten, die der Hersteller an den Frachtführer bezahlt hat), sondern ein deutlich höherer Betrag - bis zum dreifachen Betrag und mehr.

Ist dieser doch sehr muntere Aufschlag gerechtfertigt?

Die Frage lässt sich nicht allgemein beantworten, weil es auf die jeweiligen Lieferbedingungen des Herstellers ankommt. Aber vielfach gilt: Der Hersteller veranlasst den Transport „für" den Händler. Wenn er ihn aber für den Händler veranlasst, übernimmt er im rechtlichen Sinne eine Geschäftsbesorgung für diesen. Dabei hat er zunächst Anspruch auf Ersatz aller mit der Geschäftsbesorgung zusammenhängenden Kosten. Das sind zunächst die tatsächlichen Überführungskosten, die der Hersteller tatsächlich auch an den Frachtführer bezahlt hat. Darüber hinaus kann er - ähnlich wie ein Spediteur - für die Geschäftsbesorgung eine angemessene Entschädigung verlangen. Wie hoch diese Entschädigung ist, ist nicht festgelegt; in der Regel berechnet der Spediteur für die Beauftragung eines Frachtführers 15 bis 30 %. Sind also Frachtkosten in Höhe von 150,00 Euro entstanden, dürfte der Aufwendungsersatz sich zwischen 30,00 Euro und 45,00 Euro bewegen. Tatsächlich sieht die Überführungskostenrechnung des Herstellers gegenüber dem Händler aber ganz anders aus: Hier werden 300,00 Euro bis 400,00 Euro in Rechnung gestellt.

Die Frage nach dem Anspruchsgrund für den Differenzbetrag wird von Herstellern allerdings ganz unterschiedlich beantwortet: Entweder gar nicht oder mit der Erklärung, dass das eben die „üblichen Tarife" seien.

Bei einer Geschäftsbesorgung gilt indes: Der Geschäftsbesorger muss die Aufwendungen, die er verlangt, darlegen und beweisen. Dabei gilt der Angemessenheitsgrundsatz gem. § 315 BGB, wenn zwischen den Parteien nicht konkret eine bestimmte Summe für die Leistung vereinbart worden ist. Dies aber besagt: Der Hersteller erhält Aufwendungsersatz für die tatsächlich bezahlten Kosten an den Frachtführer zuzüglich 15 bis 30 % der Transportkostensumme als Geschäftsbesorgungsentgelt - ein darüber hinausgehendes Entgelt wäre nicht mehr angemessen.

Bei vielen Herstellern ist indes festzustellen: Es werden weitaus höhere Überführungskosten genommen, und zwar ohne Rechtsgrund. Mit anderen Worten: Dem Händler wird ein höherer Betrag für jedes Fahrzeug abverlangt als er eigentlich zahlen müsste. Anders gewendet: Je nach Prüfung des einzelnen Falles kann dem Händler ein nicht unerheblicher Rückforderungsanspruch zustehen.

Natürlich stellt sich die Frage: Verderbe ich mir nicht die guten Beziehungen zu meinem Vertragspartner, wenn ich eine derartige Forderung geltend mache? Das ist nicht ausgeschlossen, weswegen hier die Händlerverbände aufgerufen sind, zu prüfen und ggf. tätig zu werden. Auch ist es denkbar, dass die einzelnen Händler ihre Rückforderungsansprüche an den Verband abtreten, so dass nicht der einzelne Händler im Vordergrund steht. Lediglich bei denjenigen Händlern, die ihre Vertriebstätigkeit aufgeben oder schon aufgegeben haben, wird die Beziehung zum Hersteller keine Rolle mehr spielen.

Zu beachten bleibt aber allemal: Die Verjährung für die Rückforderung beträgt drei Jahre zum Jahresende. Folglich können Differenzbeträge aus dem Jahre 2007 und davor nicht mehr geltend gemacht werden.

Prof. Dr. Christian Genzow

 

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