Führen die Betriebsparteien Verhandlungen, die zur Durchführung der Maßnahme eine Einigung erfordern, kann die eine Betriebspartei, wenn sie die Verhandlungen aufgrund des bisherigen Verhaltens der Gegenseite für aussichtslos hält, das Arbeitsgericht zur Einsetzung einer Einigungsstelle anrufen (LArbG Kiel, Beschluss vom 01.06.2011, 3 TaBV 1/11).

Gegenstand der Entscheidung

Die Parteien verhandelten über einen Interessenausgleich, als die Arbeitgeberin die Einsetzung einer Einigungsstelle beantragte. Fraglich in diesem Verfahren war, zu welchem Zeitpunkt die Einigungsstelle angerufen werden kann, bzw. welchen Umfang die zuvor geführten Verhandlungen haben müssen.

Die Arbeitgeberin plante die Abspaltung und den Verkauf eines Teils ihrer Geschäftstätigkeit. Über diesen Vorgang informierte sie den Betriebsrat, der dann um weitere Informationen bat. Die Arbeitgeberin legte folglich ein Informationsschreiben, eine Mitarbeiterliste, die beim Erwerber geltenden Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge, den Geschäftsbericht des Erwerbers, die Satzung der Pensionskasse und des Sozialwerks, sowie die Freifahrtordnung vor. Nachdem der Betriebsrat weitere Fragen hatte und die Parteien diese bei einem Verhandlungstermin besprachen, bat die Arbeitgeberin darum, nun in Verhandlungen über einen Interessenausgleich einzutreten. Dies wies der Betriebsrat mit der Begründung zurück, er fühle sich noch nicht ausreichend informiert. Daraufhin leitete die Arbeitgeberin das Einigungsstellenverfahren ein.

Ergebnis

Das LArbG stellte fest, dass das Arbeitsgericht das Einigungsstellenverfahren nur dann ablehnen darf, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist. Eine offensichtliche Unzuständigkeit sah das Gericht nicht darin, dass die Betriebsparteien noch gar nicht über die Betriebsänderung verhandelt hatten, da dies keine Verfahrensvoraussetzung sei.

Praxishinweis

Eine Betriebspartei kann die Einigungsstelle bereits dann anrufen, wenn sie die Verhandlungen für aussichtslos hält. Dies wird der Interessenlage in der Praxis gerecht. Auf diese Weise kann vermieden werden, dass eine Seite die Einsetzung der Einigungsstelle mutwillig blockiert. Welche Anforderungen im Detail an die Aussichtslosigkeit gestellt werden, ist nicht geklärt. Es bedarf insoweit einer Einzelfallbetrachtung.

Dr. Christoph Fingerle

 

Kontakt > mehr