Haftungsbegrenzungen können in AGB nur in sehr engen Grenzen vereinbart werden. Dies gilt nicht nur für Verbraucherverträge, sondern zunehmend auch für Verträge zwischen Unternehmern. Daher empfiehlt es sich, Haftungsfragen individualvertraglich in einem (kurzen) Rahmenvertrag zu regeln.

I. Problemstellung


Unternehmen verweisen in ihren Angeboten und Auftragsbestätigungen regelmäßig auf ihre jeweiligen Geschäftsbedingungen, in denen sie die gesetzlichen Regelungen zu ihren Gunsten modifizieren. Anbieter von Waren und Dienstleistungen nutzen ihre AGB nicht zuletzt dazu, ihre Haftung für mangelhafte Leistungen, Lieferverzug u.ä. zu beschränken. Haftungsbegrenzungen gegenüber Verbrauchern sind allerdings äußerst enge Grenzen gesteckt, so dass sie in AGB kaum noch sinnvoll vereinbart werden können. Aber auch bei Verträgen zwischen Unternehmern hat die Rechtsprechung die Anforderungen an zulässige Beschränkungsklauseln zunehmend erhöht.

II. Kein Haftungsausschluss bei Körperschäden und für die Verletzung von "Kardinalpflichten"

Bereits seit langem verbieten es die Gerichte, dass sich Unternehmen von der Haftung für Körperschäden oder die Nichterfüllung von sog. "Kardinalpflichten" freizeichnen. Zu den "Kardinalpflichten" zählen solche Pflichten, deren Verletzung den Vertragszweck gefährden würde und auf deren Erfüllung der Vertragspartner daher berechtigterweise vertrauen darf - kurz: Pflichten, mit denen die Durchführung des Vertrags steht oder fällt. Die Rechtsprechung fasst den Begriff weit. Als Kardinalpflichten gelten insbesondere die Einhaltung der Lieferfrist, die Pflicht zur sachmängelfreien Lieferung sowie Beratungs-, Schutz- und Obhutspflichten, die dem Auftraggeber die vertragsgemäße Verwendung des Liefergegenstands ermöglichen oder Eigentum des Auftraggebers oder Leib oder Leben des Personals des Auftraggebers vor erheblichen Schäden schützen sollen. Mit anderen Worten: jede für die Vertragsbeziehung relevante Pflicht ist eine „Kardinalpflicht“. Wer eine solche Pflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, haftet für den dadurch entstehenden Schaden. Die Haftung kann in diesem Bereich durch AGB weder ausgeschlossen noch gedeckelt oder sonstwie beschränkt werden.

III. Haftungsausschlüsse für Pflichtverletzungen von Vertretern und Erfüllungsgehilfen

Haftungsausschlüsse und -begrenzungen können damit auch im unternehmerischen Verkehr allenfalls für nichtwesentliche Pflichtverstöße vorgesehen werden. Aber auch hier sind besondere Vorgaben zu beachten. So kann beispielsweise ein Unternehmen weder seine eigene Haftung noch die seiner gesetzlichen Vertreter und Erfüllungsgehilfen für vorsätzliches Fehlverhalten formularmäßig ausschließen. Bei grober Fahrlässigkeit hatte die Rechtsprechung lange Zeit zwischen leitenden Angestellten einerseits und einfachen Erfüllungsgehilfen andererseits unterschieden: Die Freizeichnung von der Haftung für grob fahrlässige Pflichtverletzungen wurde lediglich bei leitenden Angestellten für unzulässig erachtet, während sie bei einfachen Erfüllungsgehilfen möglich sein sollte. Durch ein Urteil im 2007 hat der Bundesgerichtshof Zweifel daran geweckt, ob er an dieser Unterscheidung festhält. Er hatte in dem Urteil zwar ausdrücklich offen gelassen, ob eine teilweise Freizeichnung von der Haftung für grobes Verschulden möglich ist. Gleichzeitig hatte er aber grundsätzlich betont, dass Klauseln, die gegenüber Verbrauchern unzulässig sind, auch gegenüber Unternehmern nicht verwendet werden dürfen, es sei denn, die Klausel könne wegen der besonderen Interessen und Bedürfnisse des unternehmerischen Geschäftsverkehrs ausnahmsweise als angemessen angesehen werden. In Folge dieses Urteils lehnen immer weitere Teile der Literatur eine Unterscheidung zwischen einfachen und leitenden Erfüllungsgehilfen ab. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte daher die Haftung für grob fahrlässiges Fehlverhalten auch einfacher Erfüllungsgehilfen nicht ausschließen.  Ein Haftungsausschluss für Hilfspersonen kommt dann nur noch bei leicht fahrlässiger Verletzung nicht vertragswesentlicher Pflichten in Betracht. Diese wenigen Fälle spielen in der Praxis aber so gut wie keine Rolle.

IV. Begrenzung des Haftungsumfangs

Weiterhin in engen Grenzen möglich ist es,  die Haftung ihrem Umfang nach  formularmäßig auf vorhersehbare und vertragstypische Schäden zu beschränken: Nach den neuesten Entwicklungen sollte aber auch im unternehmerischen Verkehr diese Haftungsbegrenzung nur für einfach fahrlässige Pflichtverletzungen vorgesehen werden.  Summenmäßige Haftungsbegrenzungen dagegen sind generell nur dann zulässig, wenn der Haftungsbetrag den typischerweise vorhersehbaren Schaden übersteigt. Anerkannt sind auch begrenzte Selbstbehalte und Eigenbeteiligungen, die eine Haftung für Bagatellschäden einschränken oder gar ausschließen. Bei angemessenem Umfang können sie durchaus ein sinnvolles Mittel sein, um eigene Schadensverhütungsmaßnahmen des Vertragspartners zu fördern. Gleichzeitig beugen sie einer missbräuchlichen Inanspruchnahme des Verwenders vor.

V. Praxishinweise

Die grundsätzlich strenge Inhaltskontrolle von AGB auch im Unternehmerverkehr bedeutet, dass Haftungsausschluss- und Haftungsbegrenzungsklauseln mit besonderer Sorgfalt formuliert werden müssen. Gehen die Klauseln über das zulässige Maß hinaus, sind sie insgesamt unwirksam. Eine „geltungserhaltende Reduktion“ auf das, was gerade noch zulässig ist, findet also nicht statt. Zudem ist es wichtig, die Entwicklung der Rechtsprechung genau zu verfolgen, um die eigenen AGB gegebenenfalls der neuen Rechtslage anpassen zu können.

Effektive Haftungsbegrenzungen, die auch die wesentlichen Vertragspflichten erfassen, sind durch AGB nicht möglich. Und AGB in diesem Sinne ist nicht nur das „Kleingedruckte“, sondern jeder vorformulierte Standardtext, also etwa auch ein Textbaustein in Angeboten und Auftragsbestätigungen.

Im Hinblick auf die zunehmend restriktive Rechtsprechung zu Haftungsbeschränkungen bleibt Unternehmen auch im B2B-Bereich nichts anderes übrig, als ihre Haftung durch individuelle Verträge im Einzelfall zu begrenzen. Hierzu bietet sich insbesondere bei längeren Geschäftsbeziehungen der Abschluss eines kurzen Rahmenvertrags an, der neben der Haftung weitere zentrale Eckpunkte der Vertragsbeziehung festlegt und im Übrigen auf die eigenen AGB verweist.

Dr. Ben Steinbrück, M.Jur. (Oxford), Dr. Mirjam Fuchs

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