Das europäische Gesellschaftsrecht gerät wieder in Bewegung. Vier Jahre nach der Aktionärsrechte-Richtlinie aus dem Jahr 2007 (in Deutschland umgesetzt durch das ARUG) sieht die EU-Kommission wieder neuen Regulierungsbedarf.

„Eine der Lektionen aus der Finanzkrise besteht darin, dass die Corporate Governance, die in der Regel bislang auf Selbstregulierung beruhte, nicht so wirksam war, wie man es hätte erwarten können. Unternehmen müssen unbedingt besser geführt werden. Dann ist nicht nur eine künftige Krise weniger wahrscheinlich, sondern die Unternehmen dürften auch wettbewerbsfähiger werden.“ Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission Anfang April 2011 ein „Grünbuch“ vorgelegt, in dem sie ihre weiteren Vorstellungen über einen „europäischen Corporate-Governance-Rahmen“ zur Diskussion stellt. Mitte Mai 2011 findet eine große öffentliche EU-Konferenz in Brüssel über die „Zukunft des Europäischen Gesellschaftsrechts“ statt.  Anregungen und Kommentare können bis Juli bei der Kommission eingereicht werden.

Im Zentrum des Grünbuchs der Kommission steht der Aufsichtsrat: „Es bedarf leistungsfähiger, wirksamer Verwaltungsräte, die der jeweiligen Geschäftsführung Paroli bieten können“. Per Fußnote wird klargestellt, dass die Kommission die „Beteiligung von Arbeitnehmern in Aufsichtsorganen nach nationalem Recht“ nicht beeinflussen will: das verminte Terrain der Mitbestimmung wird also ganz bewusst ausgeklammert. Innerhalb des Aufsichtsrats regt die Kommission eine stärkere Diversität an: das Aufsichtsgremium funktioniert besser und kontrolliert effizienter, wenn es sich aus verschiedenen Personengruppen zusammensetzen, wenn die Mitglieder unterschiedliche  berufliche Hintergründe und Fähigkeiten mitbringen, wenn sie unterschiedlicher Nationalität sind. Eine Frauen-Quote wird nicht ins Auge gefasst, aber dennoch ist die EU-Kommission deutlich: „Die geschlechterspezifische Diversität kann einen Beitrag zur Bekämpfung von Standarddenkmustern leisten. Auch gibt es Nachweise dafür, dass Frauen unterschiedliche Führungsstile haben, an mehr Verwaltungsratsitzungen teilnehmen und eine positive Auswirkung auf die kollektive Gruppenintelligenz zeitigen“ (S. 7).

Dr. Barbara Mayer

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