Neues bei FGvW

Die schlechte Nachricht zuerst:
Für deutsche Unternehmen, die Geschäfte mit Bezug zu dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland („UK") tätigen oder ein Büro in UK haben, wachsen künftig die Anforderungen an ihre Criminal Compliance. Grund ist der UK Bribery Act, mit dem die britische Regierung ihre alten, zum Teil noch aus dem 19. Jahrhundert stammenden Gesetze zu Korruptionsstraftaten reformiert hat, und der nicht nur für britische Unternehmen eine Strafbarkeit bei Verstößen vorsieht.

 

Die gute Nachricht ist:
Der UK Bribery Act ist noch nicht in Kraft getreten. Sein Inkrafttreten war ursprünglich für April 2011 angekündigt, wurde nun aber vom britischen Justizministerium auf den Spätsommer 2011 verlegt.

Zuvor werden vom britischen Justizministerium Leitlinien herausgegeben werden, die den Unternehmen bei dem richtigen Verständnis und der Umsetzung des UK Bribery Act behilflich sein sollen. Derzeit existiert ein Entwurf dazu, das „Consultation Paper CP 11/10" vom 14.09.2010 (http://www.justice.gov.uk/consultations/docs/bribery-act-guidance-consultation1.pdf). Dieser sollte zu Beginn des Jahres 2011 durch die verbindliche Endfassung der Leitlinien ersetzt werden. Nun aber werden die Unternehmen auch auf diese noch bis zum Frühjahr warten müssen. Den Unternehmen wird darin eine Übergangsfrist von drei Monaten gewährt werden, innerhalb derer sie Gelegenheit haben sollen, ihre Compliance an die neue Rechtslage anzupassen.

Welche Unternehmen sind betroffen?
Der neue UK Bribery Act gilt für alle Unternehmen, die

  • mindestens Teile ihres Geschäfts auf dem Hoheitsgebiet des UK betreiben, unabhängig davon, wo sie ihren Sitz haben, oder
  • einen Sitz, eine Niederlassung, ein Büro o.ä. in UK haben, unabhängig davon, wo die strafbare Handlung begangen wurde.


Sobald also ein deutsches Unternehmen z.B. Waren im Rahmen einer Geschäftsbeziehung nach Großbritannien exportiert, begibt es sich in den Anwendungsbereich des UK Bribery Act und kann von den britischen Strafbehörden verfolgt werden.

Welche Konsequenzen drohen den betroffenen Unternehmen?
Ein Unternehmen unterliegt bereits dann der Strafbarkeit, wenn eine mit ihm verbundene Person, seien es ein mit ihm verbundenes Unternehmen oder natürliche Personen, also insbesondere Mitarbeiter und Stellvertreter, eine Bestechungsstraftat begeht.

Es gibt für das Unternehmen in diesem Fall nur eine Möglichkeit, sich der Bestrafung zu entziehen: Es muss nachweisen, dass es zum Zeitpunkt des Korruptionsfalls bereits ausreichende Schutzmaßnahmen und Vermeidungsstrategien gegen die Verwirklichung der dem UK Bribery Act unterworfenen Delikte durch die mit ihm verbundenen Personen ergriffen hatte. Dies lässt sich nur durch eine durchdachte Compliance-Struktur umsetzen und dokumentieren. Gelingt diese Exkulpation nicht, drohen dem Unternehmen eine der Höhe nach unbegrenzte Geldstrafe sowie der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge.

Sind auch natürliche Personen strafbar?
Natürliche Personen können unabhängig von der Unternehmensstrafbarkeit die Tatbestände der aktiven und passiven Bestechung verwirklichen. Ihnen drohen eine Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren und eine Geldstrafe in unbegrenzter Höhe.

Außerdem können Vorstände, Geschäftsführer und leitende Mitarbeiter eines Unternehmens, das sich strafbar gemacht hat, neben diesem bestraft werden, ohne dass sie sich selbst der aktiven oder passiven Bestechung schuldig gemacht hätten. Voraussetzung ist, dass die Bestechung, die das Unternehmen nicht durch ausreichende Maßnahmen verhindert hat, mit ihrem Wissen oder ihrer Zustimmung begangen wurde.

Im Gegensatz zu Unternehmen greift aber der extraterritoriale Anwendungsbereich auf natürliche Personen nicht in gleicher Weise über: Diese sind nur dann strafbar, wenn sie die britische Staatsbürgerschaft besitzen oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in UK haben. Dies entschärft die persönliche Situation deutscher Führungskräfte, die nicht ständig in UK für ihr Unternehmen tätig sind, erheblich.

Was tun?
Unternehmen, die dem Anwendungsbereich des UK Bribery Act unterfallen, sollten sich bereits jetzt anhand des vorliegenden Entwurfes des britischen Justizministeriums mit den Empfehlungen vertraut machen, die ihnen zur Vermeidung von Korruptionsstraftaten an die Hand gegeben werden. Ab der Veröffentlichung der endgültigen Leitlinie im Frühjahr 2011 sollten dann konkrete Umsetzungsmaßnahmen betreffend die Compliance-Strukturen des Unternehmens getroffen werden.

Als solche nennt der bislang vorliegende Entwurf sechs Schritte:

  • Risk Assessment: Kontinuierliche Prüfung, ob das Unternehmen - aktuell oder durch neue Geschäfte - dem UK Bribery Act unterfällt.
  • Top-level commitment: Eindeutiges Statement des Unternehmens an seine Mitarbeiter, verbundenen Unternehmen und Geschäftspartner, dass Korruptionshandlungen jeglicher Art, insbesondere alle Formen aktiver und passiver Bestechung, vom Unternehmen nicht gebilligt und nicht geduldet werden. Die Folgen einer Zuwiderhandlung im Unternehmen sollen kommuniziert werden. Ein Verhaltenskodex soll erlassen werden, der den Mitarbeitern und sonstigen verbundenen Personen eindeutige Leitlinien vorgibt, nach denen zu verfahren ist; diese müssen u.a. verdeutlichen, dass auch für Geschäfte in Ländern, in denen Korruption nahezu üblich ist, keine anderen Maßstäbe gelten dürfen.
  • Due diligence: Erarbeitung von Maßstäben, die bei der Auswahl und Prüfung von Geschäftspartnern und neuen Geschäftsideen oder Märkten einzuhalten sind. Geschäftspartner und neue Geschäftsfelder sind stets darauf zu überprüfen, ob sie mit dem eigenen Verhaltenskodex betreffend den UK Bribery Act in Einklang zu bringen sind.
  • Clear, practical and accessible policies and procedures: Einführen von Compliance-Richtlinien und Compliance-Maßnahmen. Aussprechen des Verbots der Korruption gegenüber den Mitarbeitern und Definition des Begriffs „Korruption" (auch: Abgrenzung, ab wann die Annahme eines Geschenks nicht mehr erlaubt ist). Mitarbeitern sollten dazu nicht nur schriftliche Anweisungen an die Hand gegeben, sondern sie sollten auch regelmäßig geschult werden. Dazu gehört es auch, ihnen die gesetzlichen Grundlagen zu erläutern. Diese Maßnahmen sollten dokumentiert werden.
  • Effective implementation: Umsetzung der erarbeiteten Compliance-Richtlinien in der Praxis durch einen Compliance-Beauftragten, dem ausreichende zeitliche, personelle und wirtschaftliche Mittel zur Verfügung gestellt werden.
  • Monitoring and review: Revisionen im Unternehmen, um das Funktionieren der eigenen Compliance ständig sicherzustellen und zu überwachen. Schnelles und effektives Einschreiten bei Verdachtsfällen.

 

Antje Clausmeyer

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