Hat der Arbeitgeber zur Überwachung eines Mitarbeiters wegen etwaiger Vertragspflichtverletzungen einen Detektiv beauftragt, kann er die Erstattung der Detektivkosten nicht mehr verlangen, wenn er im Zeitpunkt der Beautragung bereits gesicherte Kenntnisse von der Pflichtverletzung hatte.

Der Fall

Der Arbeitnehmer war bei einem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen beschäftigt. Er beabsichtigte, seine Tätigkeit für das Unternehmen zu beenden und anschließend eine Konkurrenztätigkeit auszuüben. Hierüber fand zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Dezember 2003 ein Gespräch statt, das ergebnislos blieb. Das Arbeitsverhältnis wurde unverändert fortgesetzt.

Circa 3 Wochen nach dem Gespräch beauftragte der Arbeitgeber eine Detektei mit der Überwachung des Arbeitnehmers. Im Zuge dessen nahm eine Mitarbeiterin der Detektei Mitte Januar 2004 telefonisch Kontakt zur Ehefrau des Arbeitnehmers auf und erhielt von dieser die Information, der Arbeitnehmer habe sich vor etwa einem Jahr im Bereich der Personalvermittlung selbstständig gemacht. Auf die Mitteilung, dass eine seitens der Detektei errichtete Scheinfirma derzeit Personal suche, unterbreitete der Arbeitnehmer der Scheinfirma ein Angebot.

Ende Januar 2004 kündigte der Arbeitnehmer unter Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist sein Arbeitsverhältnis zu Ende Februar 2004. Der Arbeitgeber ließ den Arbeitnehmer noch bis zum Ablauf der Kündigungsfrist überwachen. Für die Kosten der Detektei in Höhe von insgesamt ca. € 40.000,00 (netto) verlangte der Arbeitgeber Schadensersatz vom Arbeitnehmer.

Urteil des BAG vom 28.10.2010 (8 AZR 547/09)

Das BAG hat die Schadenersatzklage des Arbeitgebers auf Erstattung der Detektivkosten zurückgewiesen. Das BAG betonte zunächst, dass die Kosten dann zu ersetzen sind, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts gegen den Arbeitnehmer eine Detektei beauftragt und der Arbeitnehmer tatsächlich einer vorsätzlichen Vertragsverletzung überführt wird. Nur dann handelt es sich um einen Schaden, der kausal hervorgerufen wird durch eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers. Eine Kostenerstattung scheidet hingegen aus, wenn es an einem konkreten Tatverdacht fehlt, das heißt die Einschaltung einer Detektei auf bloßen Vermutungen des Arbeitgebers beruht (nicht erstattungsfähige „Vorsorgekosten“). Zudem gilt nach § 254 BGB die genannte „Schadensminderungspflicht“. Danach hat der Arbeitgeber nur für diejenigen Maßnahmen Erstattungsansprüche, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde.

Nach diesen Grundsätzen hatte der Arbeitgeber im entschiedenen Fall nach Ansicht des BAG keinen Erstattungsanspruch. Zum Zeitpunkt der Erstbeauftragung der Detektei fehlte es an einem konkreten Tatverdacht. Der Arbeitgeber habe lediglich vermutet, dass der Arbeitnehmer einer Konkurrenztätigkeit nachgehen würde. Nach den Vertragsverhandlungen zwischen dem Arbeitnehmer und der Scheinfirma sei sodann die Erforderlichkeit entfallen, die Detektei mit der weiteren Überwachung zu beauftragen. Zu diesem Zeitpunkt habe auf Seiten des Arbeitgebers Gewissheit bestanden, dass der Arbeitnehmer im noch bestehenden Arbeitsverhältnis einer Konkurrenztätigkeit nachgehe. Trotz der Möglichkeit arbeitsrechtlich gegen die Vertragspflichtverletzung vorzugehen (z.B. durch fristlose Kündigung), habe der Arbeitgeber den Arbeitnehmer gewähren lassen und hierdurch gegen die Schadensminderungspflicht verstoßen.

Praxishinweis

Nicht selten stellt sich für den Arbeitgeber in der Praxis die Frage, ob er eine Detektei mit der Überwachung eines möglicherweise vertragsbrüchigen Arbeitnehmers betrauen soll. Übliche Anlässe hierfür sind das Vortäuschen einer Erkrankung, das Ausüben einer unerlaubten Nebentätigkeit oder gar – wie in dem vom BAG entschiedenen Fall – einer unerlaubten Konkurrenztätigkeit. Mit der vorliegenden Entscheidung hat das BAG die Grundzüge seiner bisherigen Rechtsprechung bestätigt und erstmals explizit eine Kostenerstattung für den Fall abgelehnt, dass der Arbeitgeber im Zeitpunkt der Beauftragung der Detektei bereits gesicherte Kenntnisse von der Pflichtverletzung des Arbeitnehmers hatte. Die bloße Vermutung einer Vertragspflichtverletzung ist ebenso unzureichend. Nach den Grundsätzen des BAG ist es vielmehr erforderlich, dass „konkrete Verdachtsmomente“ vorliegen, die für eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung des Arbeitnehmers sprechen. Der Sachverhalt zeigt damit sehr deutlich, dass Arbeitgeber die Beauftragung einer Detektei sorgfältig abwägen und vorbereiten müssen, um eventuell später Erstattungsansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer geltend machen zu können.

Dr. Tanja Ritter-Taube

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