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Wirksame Rückzahlungsvereinbarung für Fortbildungskosten

Zieht ein Arbeitnehmer seine Teilnahme an einer anstehenden Fortbildung zurück, die vom Arbeitgeber finanziert wird, kann eine Rückzahlung der bereits angefallenen Leistungen des Arbeitgebers wirksam vertraglich vereinbart werden. Gleiches gilt, wenn der Arbeitnehmer eine laufende Fortbildung ohne berechtigte personenbedingte Gründe abbricht. Dies entschied das LAG Niedersachsen mit Urteil vom 12.10.2022 (Az. 8 Sa 123/22).

Sachverhalt

Dem Urteil des LAG Niedersachsen liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Beklagte war bei der Klägerin seit 2013 beschäftigt. Im März 2019 beantragte sie die Teilnahme am Angestelltenlehrgang I eines Studieninstituts auf Kosten ihres Arbeitgebers. Die Parteien trafen diesbezüglich eine Rückzahlungsvereinbarung, in der geregelt wurde, dass die bis dahin angefallenen Leistungen des Arbeitgebers zu erstatten sind, wenn die Beklagte auf eigenen Wunsch oder aus eigenem Verschulden (a) die Anmeldung bis zum Beginn der Fortbildungsmaßnahme zurückzieht, (b) aus der Fortbildungsmaßnahme ausscheidet, (c) die Prüfung nicht ablegt oder im Falle des Nichtbestehens der Prüfung selbige trotz Aufforderung des Arbeitgebers nicht wiederholt oder (d) aus dem Arbeitsverhältnis noch vor Ablegen der die Fortbildungsmaßnahme abschließenden Prüfung ausscheidet. Im Januar 2021 beendete die Beklagte ihr Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung. An der Fortführung der auf Kosten der Klägerin begonnenen Fortbildungsmaßnahme hatte sie kein Interesse. Die Klägerin erklärte gegenüber dem Studieninstitut die Beendigung der Fortbildungsmaßnahme der Beklagten und nahm die Beklagte aus der Rückzahlungsvereinbarung in Anspruch. Sie stellte sich auf den Standpunkt, die Beklagte müsse entsprechend der Vereinbarung Fortbildungskosten in Höhe von EUR 5.000,00 zurückzahlen. Die Beklagte verweigerte dies. Sie wandte ein, die bereits aus der Fortbildungsmaßnahme erlangten Kenntnisse seien für ihren neuen Arbeitsplatz ohne Wert.

Entscheidungsgründe

Das LAG Niedersachsen gab der Klage statt. Die in der Rückzahlungsvereinbarung getroffene Abrede, so das Gericht, begegne keinen Bedenken. Die Beklagte habe den Tatbestand der Rückzahlungsklausel verwirklicht und sei deshalb zur Rückzahlung der erhaltenen Leistungen verpflichtet. Die von der Klägerin gewählte vertragliche Gestaltung sei zulässig. Im Fall eines vorzeitigen arbeitnehmerseitigen Abbruchs der Fortbildungsmaßnahme werde die arbeitgeberseitig geleistete Aufwendung vollständig frustriert – dies aus Gründen, die allein die Beklagte zu vertreten habe. Die Fortbildungsvereinbarung habe sich, wie auch für die Beklagte ersichtlich und von ihr seinerzeit gewünscht, auf die Ablegung der Ersten Verwaltungsprüfung gerichtet. Das (nach Möglichkeit erfolgreiche) Ablegen dieser Prüfung sei auch der Grund, weshalb die Klägerin die Fortbildungsmaßnahme gefördert habe. Durch ihr vorzeitiges Ausscheiden habe die Klägerin von vornherein jegliche Möglichkeit der Zielerreichung vereitelt. Dieser Fall sei anders zu behandeln als ein i.d.R. ohne Verschulden eintretendes Nichtbestehen einer angetretenen Prüfung. Die in § 5 Abs. 1 der Rückzahlungsvereinbarung getroffene Vereinbarung benachteilige die Beklagte auch nicht unangemessen i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB. Denn die Verpflichtung zur Rückzahlung treffe den Arbeitnehmer gerade nicht, wenn die Beendigung der Fortbildung durch den Arbeitgeber veranlasst war bzw. durch den Arbeitnehmer nicht verschuldet worden ist. Zudem sei geregelt, dass eine Erstattungspflicht dann nicht besteht, wenn das vorzeitige Ausscheiden aus der Fortbildungsmaßnahme aus Gründen erfolgt, die dem Verantwortungs- und Risikobereich des Arbeitgebers zuzuordnen sind bzw. die der Arbeitgeber zumindest mit veranlasst hat. All dies sei im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Frage schließlich, ob der Arbeitnehmer die aus der Fortbildungsmaßnahme gewonnenen Kenntnisse künftig bei anderen Arbeitgebern weiter nutzen kann, spiele lediglich im Rahmen von Rückzahlungsklauseln eine Rolle, die eine Bleibeverpflichtung nach bestandener Prüfung beinhalten.

Hinweis für die Praxis

Rückzahlungsklauseln folgen äußerst komplexen Spielregeln, die das AGB-Recht und die hierzu ergangene arbeitsgerichtliche Rechtsprechung in den vergangenen Jahrzehnten aufgestellt haben. Über die im Verfahren vor dem LAG Niedersachsen streitige Gestaltung lag bis dato keine Rechtsprechung vor. Für die konkret zur Debatte stehenden Fortbildungskosten hatte der klagende Arbeitgeber eine wirksame Klausel vereinbart. Entscheidend war u.a. die Tatsache, dass die Beklagte ihre Wahl ohne Zutun der Klägerin und rechtlich schützenswerte Eigeninteressen getroffen hatte.

Die vom Arbeitgeber verwendete Klausel bildet ein gutes Beispiel dafür, dass innerhalb der rechtlichen Leitplanken eine effektive Ausgestaltung von Fortbildungsvereinbarungen möglich ist und risikominimierend wirken kann.

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