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Keine Arbeitszeitgutschrift für Betriebsratstätigkeit im Erholungsurlaub

Arbeitszeitgutschrift für Betriebsratstätigkeit im Erholungsurlaub besteht nicht. Dies hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 13.06.2024 – 5 Sa 255/23 entschieden.

Sachverhalt

Dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz (LAG) liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger ist Vorsitzender des fünfköpfigen Betriebsrats bei der Beklagten und hatte genehmigten Erholungsurlaub für fünf Arbeitstage in der Zeit vom 19. bis 23.12.2022. Nachdem der Kläger seinen Erholungsurlaub mehrmals unterbrochen hatte, um eine Betriebsversammlung vorzubereiten, durchzuführen und nachzubereiten, verlangte er von der Beklagten vergeblich, seinem Arbeitszeitkonto hierfür 18,5 Stunden gutzuschreiben.

Nachdem das Arbeitsgericht seine Klage auf Stundengutschrift abgewiesen hatte, hat der Kläger gegen das Urteil Berufung eingelegt, die vor dem Landesarbeitsgericht erfolglos blieb.

Entscheidungsgründe

Nach Auffassung des LAG habe das Arbeitsgericht zutreffend angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gutschrift von 18,5 Stunden auf seinem Arbeitszeitkonto habe.

Der Anspruch folge weder aus § 37 Abs. 2 BetrVG noch aus § 37 Abs. 3 BetrVG.

Nach § 37 Abs. 2 BetrVG seien nicht freigestellte Betriebsratsmitglieder zur Durchführung erforderlicher Betriebsratstätigkeit ohne Entgeltminderung von der Arbeitsleistung zu befreien. Der Kläger könne den Anspruch jedoch nicht aus § 37 Abs. 2 BetrVG herleiten, weil er in seinem Erholungsurlaub nicht zur Arbeitsleistung verpflichtet gewesen sei. Vielmehr sei er zum Zwecke der Gewährung von bezahltem Erholungsurlaub bereits von der Arbeit befreit gewesen.

Ein Anspruch auf Zeitgutschrift folge auch nicht aus § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG. Danach habe ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus „betriebsbedingten Gründen“ außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Betriebsbedingte Gründe würden jedoch regelmäßig nicht vorliegen, wenn sich ein Betriebsratsmitglied entschließe, während der ihm erteilten Arbeitsbefreiung Betriebsratsaufgaben wahrzunehmen. Insbesondere Urlaub stelle keinen betriebsbedingten Grund dar.

Der Kläger könne sich auch nicht auf betriebliche Übung berufen. Die von ihm geschilderten fünf Fälle würden jedenfalls nicht genügen, um auf den Willen der Beklagten schließen zu können, dem Kläger trotz Erholungsurlaubs 18,5 Stunden für Betriebsratstätigkeit gutzuschreiben. Auch würde ein durch betriebliche Übung begründeter vertraglicher Anspruch auf Stundengutschriften mit dem Bevorzugungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG nicht vereinbar sein. Denn eine betriebliche Übung dürfe nicht ausschließlich die Mitglieder des Betriebsrats begünstigen.

Hinweise für die Praxis

Das LAG Rheinland-Pfalz hat klargestellt, dass Betriebsratstätigkeit während des Erholungsurlaubes nicht als Arbeitszeit zu werten sei. Vielmehr ist zu berücksichtigen, dass im Verhinderungsfall der Betriebsratsvorsitzende nach § 26 Abs. 2 BetrVG von seinem Stellvertreter vertreten wird. Beim Erholungsurlaub handelt es sich um einen solchen Verhinderungsfall, weil hierdurch der Betriebsratsvorsitzende von seiner betriebsverfassungsrechtlichen Amtstätigkeit suspendiert wird. Etwas anderes kann gegebenenfalls dann gelten, wenn der Betriebsratsvorsitzende darlegt, aus welchen Gründen auch der Stellvertreter nicht in der Lage gewesen sein soll, die Aufgaben und Befugnisse des Vorsitzenden während seines Erholungsurlaubs wahrzunehmen.

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