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Kein Inflationsausgleich während der Elternzeit

Tarifliche Inflationsausgleichszahlungen dürfen während der Elternzeit ausgesetzt werden. Das hat das Landesarbeitsgericht Düsseldorf (Urteil vom 14.08.2024, Az. 14 SLa 303/24) entschieden.

Sachverhalt

Dem Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (LAG) liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin ist bei einer Kommune im Technischen Dienst beschäftigt. Sie befand sich vom 14.06.2022 bis zum 13.04.2024 in Elternzeit. Ab dem 14.12.2023 bis zum Ende der Elternzeit arbeitete sie mit 24 Wochenstunden in Teilzeit (Vollzeit = 39 Wochenstunden).

Der auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin anzuwendende Tarifvertrag über Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise (TV Inflationsausgleich) sah im Juni 2023 einen Inflationsausgleich von einmalig 1.240,00 Euro und in den Monaten Juli 2023 bis Februar 2024 von monatlich 220,00 Euro vor. Die Kommune zahlte der Klägerin diesen Inflationsausgleich nur für die Monate Januar und Februar 2024 in Höhe von 135,38 Euro (24/39 von 220,00 Euro).

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die tariflichen Voraussetzungen in §§ 2 Abs. 1, 3 Abs. 1 TV Inflationsausgleich, wonach an mindestens einem Tag ein Anspruch auf Entgelt bestanden haben muss, sie als Arbeitnehmerin in Elternzeit unzulässig wegen des Geschlechts diskriminiere. Es liege eine mittelbare Diskriminierung vor, weil Mütter länger in Elternzeit gingen als Väter. Diese Ungleichbehandlung sei mit dem Zweck des Inflationsausgleichs nicht vereinbar. Vielmehr sei sie in Elternzeit in besonderem Maße von den steigenden Preisen betroffen. Dem tritt die Arbeitgeberin entgegen und verweist u.a. auf die Tarifautonomie.

Entscheidungsgründe

Das LAG Düsseldorf hat– anders als zuvor das Arbeitsgericht Essen (ArbG Essen, Urteil vom 16.04.2024, Az. 3 Ca 2231/23) – den Antrag der Arbeitnehmerin auf Zahlung des vollen Inflationsausgleichs zurückgewiesen.

Es entschied, dass die tarifliche Regelung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt. Sie sei vielmehr wirksam. Die Tarifvertragsparteien dürften den Bezug von Entgelt an mindestens einem Tag als Anspruchsvoraussetzung für den Inflationsausgleich festlegen. Weil das Arbeitsverhältnis während der Elternzeit – ausgenommen die Teilzeittätigkeit – ruhe, erfülle die Klägerin diese Voraussetzung nicht. Sie habe keinen Entgeltanspruch. Diese Differenzierung sei sachlich gerechtfertigt und stelle keine mittelbare Diskriminierung dar, weil der tarifliche Inflationsausgleich auch einen Vergütungszweck verfolge. Er sei arbeitsleistungsbezogen ausgestaltet. Fehle es daran völlig, weil nicht an einem Tag ein Entgeltanspruch besteht, bestehe kein Anspruch. Soweit Beschäftigte, die Krankengeld bzw. Kinderkrankengeld beziehen, einen Inflationsausgleich erhalten, erfolge dies aus sozialen Gründen zur Abmilderung besonderer Härten. Für diese durften die Tarifvertragsparteien andere Regelungen vorsehen als für Beschäftigte in Elternzeit. Die Inanspruchnahme einer Elternzeit sei im Regelfall planbar, die eigene oder die Erkrankung des Kindes trete dagegen typischerweise plötzlich und unerwartet auf.

Die Kammer habe der Klägerin lediglich aufgrund ihrer Teilzeittätigkeit für den Monat Dezember 2023 einen Inflationsausgleich von 220,00 Euro zugesprochen. Sie habe in diesem Monat an einem Tag Anspruch auf Arbeitsentgelt gehabt. Für die Höhe der Inflationsausgleichsprämie sei die am ersten Tag des Bezugsmonats vereinbarte Arbeitszeit maßgeblich. Diese war am 01.12.2023 noch fiktiv 100%. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe von 8.000,00 Euro wegen unzulässiger Geschlechtsdiskriminierung (§ 15 Abs. 2 AGG) habe keinen Erfolg, weil die Kommune die Klägerin nicht wegen des Geschlechts diskriminiert habe.

Das Landesarbeitsgericht hat die Revision zugelassen.

Hinweise für die Praxis

Die hier gestellten Fragen einer möglichen Diskriminierung haben grundsätzliche Bedeutung, auch deshalb hat das LAG die Revision wohl zugelassen. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt dazu nicht vor. Ehrlicherweise ist festzuhalten, dass sich auch die gegenläufige Argumentation des ArbG Essen hören ließ. Das Gericht entschied, dass die Herausnahme von Arbeitnehmern aus dem Berechtigtenkreis objektiv willkürlich sei. Entscheidend berücksichtigte das Gericht zulasten der Wirksamkeit der tarifvertraglichen Norm, dass der Inflationsausgleich keine Vergütung für erbrachte Arbeitsleistung darstelle. Das würde auch mit der gesetzgeberischen Intention übereinstimmen, die den Ausgleich der Härten der Inflation steuer- und beitragsfrei stellt. Da auch Unternehmen häufig Differenzierungen bei Auszahlungshöhe und/oder Berechtigtenkreis vorgenommen haben, dürfte die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts nicht nur für tarifvertragliche Regelungen spannend sein.

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