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Arbeitgeber kann Betriebsrat für Schulungen nicht auf kostengünstige Webinare verweisen

Dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (24.11.2022 - 8 TaBV 59/21) zufolge kann der Arbeitgeber den Betriebsrat für eine Schulungsveranstaltung nicht aus Kostengründen auf ein Webinar verweisen.

Sachverhalt

Die Beklagte ist eine Luftverkehrsgesellschaft, bei der eine Personalvertretung Kabine (PV Kabine) gebildet ist, auf welche die Regelungen des Betriebsverfassungsgesetzes anwendbar sind. Die PV Kabine als Klägerin wollte zwei ihrer in Düsseldorf und Köln wohnenden Mitglieder an einer Präsenzschulung in Binz/Rügen teilnehmen lassen. Die Beklagte plädierte für die Inanspruchnahme ortsnäherer Seminarorte oder die Teilnahme an einem im gewählten Zeitraum liegenden Webinar. Die Klägerin entsandte die zwei Mitglieder daraufhin zu einer Präsenzschulung in Potsdam, wodurch EUR 1.818,32 Schulungskosten und EUR 1.319,26 Übernachtungs- und Verpflegungskosten entstanden. Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme jedoch ab.

Die Klägerin erhob daraufhin Klage, die Beklagte zu verpflichten, die PV Kabine von den Schulungs-, Übernachtungs- und Verpflegungskosten freizustellen. Die erste Instanz gab der Klage statt. In der Beschwerde stritten die Parteien noch über die Übernachtungs- und Verpflegungskosten.

Entscheidungsgründe

Das LAG Düsseldorf hat der Klägerin die Kosten zugesprochen. Nach § 40 Abs. 1 BetrVG obliege der Arbeitgeberin die Tragung der Kosten, die durch die Teilnahme eines Betriebsratsmitglieds an einer Schulungsveranstaltung nach § 37 Abs. 6 BetrVG anfallen, sofern das hierbei vermittelte Wissen für die Betriebsratsarbeit erforderlich sei. Die für die Kostentragung maßgebliche Erforderlichkeit wurde vom LAG bejaht. Inhaltlich entspreche die Fortbildung den Anforderungen. Zwar sei für die Beurteilung der Erforderlichkeit die betriebliche Situation sowie die durch die Teilnahme an der Schulung entstehende finanzielle Belastung der Arbeitgeberin zu beachten. Vor allem sei jedoch zu berücksichtigen, dass der PV Kabine hinsichtlich der Seminarauswahl ein Beurteilungsspielraum zukomme. Nur bei mehreren, innerhalb des Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig erachteten, Veranstaltungen könne die PV Kabine auf die kostengünstigere Variante verwiesen werden. Es liege jedoch im Rahmen des Beurteilungsspielraums der PV Kabine, wenn sie eine sich inhaltlich deckende Onlineveranstaltung nicht für qualitativ vergleichbar ansehe. Die PV Kabine könne sich darauf stützen, dass der „Lerneffekt“ bei einem Webinar in Gegenüberstellung zu einer Präsenzveranstaltung als geringer einzustufen sei. Dies gründe auf der Annahme, dass bei einem Webinar der rege Austausch sowie die Diskussion in erheblich schlechterem Maße möglich sei als bei einer Präsenzveranstaltung.

Hinweise für die Praxis

Die Entscheidung stärkt die Rechte des Betriebsrats, indem es diesem einen Beurteilungsspielraum zuspricht. Das LAG Düsseldorf verkennt hierbei, dass der Arbeitgeber ein schutzwürdiges Interesse daran hat, die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten auf das dem Arbeitgeber zumutbare Maß zu beschränken. Zu berücksichtigen ist auch, dass im Zuge der Covid19-Pandemie digitale Veranstaltungen näher in den Fokus gerückt sind und sich als praktikable und gleichwertige Alternative gezeigt haben. Da das Landesarbeitsgericht die Rechtsbeschwerde zugelassen hat, ist in diesem Thema möglicherweise das letzte Wort noch nicht gesprochen.

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