Vereine und Stiftungen

Können Mitgliederversammlungen von Vereinen virtuell, durch schriftliche Stimmabgabe oder im Umlaufverfahren durchgeführt werden?

Ja. Das COVID-19-Pandemie-Gesetz, das zuletzt um ein Jahr verlängert wurde, sieht für Vereine – unabhängig von entsprechenden Regelungen in der Vereinssatzung – erhebliche Erleichterungen für die Durchführung von Mitgliederversammlungen vor. Mitgliederversammlungen können damit wesentlich flexibler gestaltet werden und Beschlussfassungen müssen nicht aufgrund der aktuellen Situation auf unbestimmte Zeit verschoben werden.

Die gesetzliche Neuregelung ermöglicht zunächst virtuelle Mitgliederversammlungen, an denen die Vereinsmitglieder gleichzeitig im Wege elektronischer Kommunikation (z.B. durch Telefon- oder Videokonferenz) teilnehmen. Möglich ist auch eine Kombination einer solchen virtuellen Mitgliederversammlung mit einer physischen Versammlung, sodass manche Mitglieder physisch am Versammlungsort teilnehmen und manche Mitglieder sich elektronisch zuschalten. Ohne eine entsprechende Satzungsregelung waren derartige Formen der Mitgliederversammlung bislang nicht rechtssicher möglich und zulässig.

Das COVID-19-Pandemie-Gesetz ermöglicht außerdem, dass die Vereinsmitglieder anstelle der Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Mitgliederversammlung schriftlich abgeben können. Auch hierfür braucht es – anders als bisher – keine entsprechende Satzungsregelung. Voraussetzung dafür ist selbstverständlich eine hinreichende Information der Mitglieder über die zur Abstimmung stehenden Beschlüsse im Vorfeld. Ob die schriftliche Stimmabgabe mit einer (teilweise) virtuellen Mitgliederversammlung kombiniert werden kann, ist dem Gesetz nicht ausdrücklich zu entnehmen. Der Gedanke, dass Mitgliederversammlungen in der aktuellen Situation flexibel gehandhabt werden müssen, spricht aber für eine solche Kombinationsmöglichkeit. 

Zuletzt ist durch die Neuregelung auch die Beschlussfassung im Umlaufverfahren, d.h. die Beschlussfassung ohne Abhaltung einer (physischen oder virtuellen) Mitgliederversammlung durch Abgabe der Stimme in Schrift- oder Textform (d.h. insbesondere per Brief, Email oder Fax) möglich. Im Unterschied zu einer (physischen oder virtuellen) Mitgliederversammlung geben die Mitglieder beim Umlaufverfahren ihre Stimmen nicht gleichzeitig, sondern zeitlich unabhängig voneinander ab. Zulässig waren solche Umlaufbeschlüsse bisher (vorbehaltlich einer anderweitigen Satzungsregelung) nur, wenn alle Vereinsmitglieder dem zugestimmt haben. Nach der neuen Regelung ist die Zustimmung aller Vereinsmitglieder nicht mehr erforderlich. Stattdessen reicht es aus, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin zur Stimmabgabe mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen (gesetzlichen oder satzungsmäßigen) Mehrheit gefasst wurde. Auch beim Umlaufverfahren muss aber unbedingt darauf geachtet werden, dass alle Mitglieder hinreichend über die zur Diskussion stehenden Beschlüsse informiert sind, denn andernfalls können sie die Entscheidung über ihr Stimmverhalten ggf. nicht sachgemäß treffen; das kann ihre Mitgliedschaftsrechte verletzen und die Beschlüsse angreifbar machen.

Zu beachten ist: Die Ausnahmeregelung betrifft nur Mitgliederversammlungen, die in den Jahren 2020 und 2021 stattfinden. Für Mitgliederversammlungen davor oder danach gelten wie bisher die allgemeinen gesetzlichen Vorschriften (insbesondere § 32 BGB) und – soweit vorhanden – die Regelungen in der Vereinssatzung.

Gibt es Sonderregelungen für die Beschlussfassung auch für die Beschlüsse von Vereins- und Stiftungsvorständen?

Eine ausdrückliche Regelung zu virtuellen Vorstandssitzungen oder Umlaufbeschlüssen für den Vorstand von Vereinen oder Stiftungen wurde im COVID-19-Pandemie-Gesetz nicht getroffen. Es sprechen allerdings gute Gründe dafür, die für Mitgliederversammlungen geltenden Verfahrenserleichterungen entsprechend auf Vorstandssitzungen von Vereinen und auch von Stiftungen anzuwenden; immerhin verweisen § 28 BGB und § 86 BGB für die Beschlussfassung von Vereins- und Stiftungsvorständen auf § 32 BGB, der mit der Neuregelung durch das COVID-19-Pandemie-Gesetz wesentlich erweitert wurde.

Unabhängig davon lohnt sich ein Blick in die Vereins- oder Stiftungssatzung. Diese treffen schon bisher häufig Regelungen zur Beschlussfassung (auch zu Umlaufbeschlüssen) bei Vereins- und Stiftungsvorständen.

Bleiben Vereine und Stiftungen auch in der aktuellen Situation handlungsfähig? Gibt es besondere Regelungen für die Amtszeit von Vorstandsmitgliedern?

Ja. Das COVID-19-Pandemie-Gesetz regelt, dass Vorstandsmitglieder von Vereinen und rechtsfähige Stiftungen auch nach einem Ablauf ihrer Amtszeit im Amt bleiben, bis ein Nachfolger bestellt ist. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass Vereine und Stiftungen auch dann handlungsfähig bleiben und im Rechtsverkehr vertreten werden können, wenn sich die Bestellung neuer Vorstandsmitglieder durch die aktuellen Einschränkungen durch die COVID-19-Pandemie verzögert. Dies galt schon bisher, wenn die Vereins- oder Stiftungssatzung dies entsprechend geregelt hat. Mit der gesetzlichen Neuregelung im COVID-19-Pandemie-Gesetz gilt dies aber unabhängig von einer entsprechenden Satzungsregelung generell für alle Vereine und Stiftungen.

In zeitlicher Hinsicht betrifft die Regelung im COVID-19-Pandemie-Gesetz nur Vorstandsmitglieder, deren Amtszeit im Jahr 2020 abgelaufen ist oder im Jahr 2021 abläuft. Für Amtszeiten, die 2019 geendet haben oder erst ab 2022 ablaufen, gilt die Neuregelung nicht. In diesen Fällen kommt es daher wie bisher darauf an, ob/in welcher Form die konkrete Vereins- oder Stiftungssatzung Regelungen zur Amtszeit ihrer Vorstandsmitglieder trifft.

Vom COVID-19-Pandemie-Gesetz unberührt bleibt die grundsätzliche Möglichkeit, Vorstandsmitglieder von Vereinen und Stiftungen abzuberufen bzw. die ggf. bestehende Möglichkeit der Vorstandsmitglieder selbst, ihr Amt niederzulegen. Hierfür gelten wie bisher die gesetzlichen Regelungen, insbesondere die §§ 21 ff. BGB (Vereine) und die §§ 80 ff. BGB (Stiftungen), und – soweit vorhanden – die Satzungsregelungen des konkreten Vereins bzw. der konkreten Stiftung.

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