Miet- und Pachtrecht

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Die Pandemie und die deshalb zum Schutz der Bevölkerung seitens der Bundesländer in Kraft gesetzten Beschränkungen des Wirtschafts- und Geschäftslebens wirken sich auch erheblich auf miet- und pachtvertragliche Beziehungen aus. Müssen Einzelhandels-, Gastronomie- und Hotelleriebetriebe für den Publikumsverkehr schließen, kann mit den dafür angemieteten Gewerbeflächen in den meisten Fällen nicht mehr der kalkulierte Gewinn erzielt werden. Deshalb müssen die Gewerbetreibenden nicht nur im großen Umfang von den Kurzarbeiterregelungen Gebrauch machen, was den finanziellen Spielraum von im Angestelltenverhältnis beschäftigten Mietern einengt und dort zu Zahlungsschwierigkeiten und in der Folge Mietzinsrückständen führen kann. Es drängt sich auch die Frage auf, ob die staatlichen Nutzungsbeschränken infolge der Pandemie nicht die Grundlagen der miet- und pachtvertraglichen Abreden der Unternehmen derart erschüttern, dass dem Mieter ein Festhalten an Verträgen mit mitunter langen Laufzeiten, deren Bedingungen in einer prosperierenden Phase vereinbart wurden, unzumutbar ist.

Der Gesetzgeber hat im Zusammenhang mit dem Miet- und Pachtrecht in den verschiedenen Phasen der Pandemie unterschiedlich reagiert:

Zum einen hat er – während der „ersten Welle“ – mit dem „Gesetz der Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ vom 27.03.2020 (BGBl 2020-I Nr. 14, S. 569) mit der Regelung des Art. 240 § 2 EGBGB die Kündigungsmöglichkeiten des Vermieters/Verpächters bei Mietzinsausfällen eingeschränkt.

Zum anderen hat er – im Zuge der „zweiten Welle“ – mit dem „Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht“ vom 22.12.2020 (BGBl. I S. 3328) eine gesetzliche Vermutung für das Vorliegen einer Störung der Geschäftsgrundlage von Miet- und Pachtverträgen statuiert.

Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zu beiden Mechanismen geben wir Ihnen hier:

Auf welche Verträge findet die Regelung zur Beschränkung der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen (Art. 240 § 2 EGBGB) Anwendung?

Die Regelung ist auf Mietverhältnisse über Grundstücke, auf gewerbliche und private (Wohn-) Raummietverhältnisse sowie auf Pachtverträge anwendbar.

Was passiert, wenn der Mieter bzw. Pächter während der Coronakrise die Miete nicht zahlen kann? Kann ich als Vermieter deswegen kündigen?

Normalerweise steht dem Vermieter ein außerordentliches fristloses oder – bei Wohnraummietverhältnissen – ein ordentliches Kündigungsrecht zu, wenn der Mieter entweder für zwei aufeinanderfolgende Monate die Miete in voller Höhe oder zumindest zu einem erheblichen Teil nicht bezahlt oder wenn der Mieter über einen längeren Zeitraum mit Mietzahlungen in Höhe von zwei Monatsmieten im Rückstand ist.

Dieses Kündigungsrecht wurde nun durch die Regelung des Art. 240 § 2 EGBGB zwecks Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie ab dem 1. April 2020 vorübergehend eingeschränkt.

Die Regelung wurden in der ersten Welle der Pandemie erlassen; ihr zeitlicher Anwendungsbereich war eben darauf zugeschnitten. Die Regelungen wurden im Zuge der zweiten Welle nicht reaktiviert oder verlängert. Die Kündigungsrechte des Vermieters / Verpächters im Falle des Zahlungsverzugs des Mieters hat der Gesetzgeber damit für die zweite Welle (Winter 2020/21) nicht mehr in gleicher Weise eingeschränkt.

Voraussetzung für die Einschränkung des Kündigungsrechts im Zuge der ersten Welle durch den Vermieter war:

  • Miet- und Pachtzahlungen, die im Zeitraum zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig wurden, sind vom Mieter nicht oder nicht in voller Höhe geleistet worden.
  • Die Nichtleistung der Miete beruhte auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie.
  • Der Vermieter spricht die Kündigung wegen diesen Mietrückstünden bis zum 30. Juni 2022 aus.

Wie kann ein Mieter glaubhaft machen, dass die Zahlungsrückstände auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruhten?

Der Mieter muss gegenüber dem Vermieter glaubhaft machen, dass die Zahlungsrückstände für die Monate April, Mai und/oder Juni 2020 auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruhten, eine Vermutung dafür gibt es gerade nicht. Als Mittel der Glaubhaftmachung dienen z.B. eidesstattliche Versicherungen, ein Nachweis über die Beantragung bzw. die Gewährung staatlicher Leistungen oder andere geeignete Nachweise über den Verdienstausfall wie Kurzarbeitergeld. Gewerbliche Mieter können z.B. behördliche Anordnungen vorzeigen, die belegen, dass der Betrieb untersagt oder zumindest erheblich eingeschränkt wurde.

Kann einem Mieter während der Coronakrise überhaupt nicht mehr gekündigt werden?

Doch. Ein Mieter ist nicht vor jedweder Kündigung geschützt. Zum einen umfasste schon die Neuregelung nur einen begrenzten Kündigungsschutz nur für Mietrückstände. Eine Kündigung wegen Zahlungsrückständen ist weiterhin möglich, wenn

  • der Mieter bereits mit Mietzahlungen, die vor dem 1. April 2020 fällig wurden, in Verzug ist oder
  • der Mieter die Mietrückstände aus der Zeit vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 nicht bis zum 30. Juni 2022 begleicht.
  • der Mieter mit Mietzahlungen, die ab dem 1. Juli 2020 fällig wurden, in Verzug gerät.

Daneben bestanden auch während der privilegierten Zeit alle anderen gesetzlichen ordentlichen wie auch außerordentlichen Kündigungsrechte weiter. Der Vermieter konnte und kann daher z.B. immer noch wegen Eigenbedarfs oder wegen Fehlverhaltens des Mieters kündigen. Unbefristete Mietverhältnisse über Grundstücke oder Gewerberäume konnten und können auch weiterhin anlasslos innerhalb der gesetzlichen Frist gekündigt werden.

Muss der Mieter weiterhin die Miete in voller Höhe zahlen, obwohl sein Einkommen durch die Corona-Krise ganz oder teilweise wegbricht?

Die aus März 2020 stammende Regelung zielte nur auf die Einschränkung des Kündigungsrechts des Vermieters bzw. Verpächters bei Ausbleiben der Mietzahlung für die Monate April, Mai und Juni 2020 ab. Die grundsätzliche Pflicht zur (pünktlichen) Mietzahlung blieb auch während dieser Zeit weiterhin bestehen. Wurde der Mietzins nicht rechtzeitig beglichen, geriet der Mieter nach allgemeinen Regeln in Verzug und hat zusätzliche Verzugszinsen von zurzeit ca. 4% p.a. zu zahlen.

Das gilt auch für Verbraucher und Kleinstunternehmer. Diesen wurde in dem neuen Gesetz zwar ein umfangreiches Leistungsverweigerungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen zugebilligt, die vor dem 8. März 2020 geschlossen wurden. Dieses sog. Moratorium gilt aber nicht für Miet- und Pachtverträge.

Wie lange gilt die Kündigungsbeschränkung?

Das eingeschränkte Kündigungsrecht gilt nur für Kündigungen, die bis zum 30. Juni 2022 ausgesprochen werden, wegen Mietrückständen für Zahlungen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig geworden sind.

§ 4 des Art. 240 EGBGB sieht zwar vor, dass die Bundesregierung diese Regelung auch auf Miet-/Pachtzahlungen ausweiten konnte, die im Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2020 und dem 30. September 2020 fällig wurden. Eine solche Verlängerung hätte dann erfolgen sollen, wenn zu erwarten stand, dass das soziale Leben, die wirtschaftliche Tätigkeit einer Vielzahl von Unternehmen oder die Erwerbstätigkeit einer Vielzahl von Menschen durch die COVID-19-Pandemie weiterhin in erheblichem Maße beeinträchtigt bleibt. Auch die Frist für die Kündigungserklärung (30. September 2022) durch den Vermieter hätte durch die Bundesregierung und durch Zustimmung des Bundestages verlängert werden müssen. Von diesen Möglichkeiten wurde jedoch kein Gebrauch gemacht. Damit gilt die Kündigungsbeschränkung ausschließlich für Zahlungsrückstände aus April, Mai und Juni 2020, die bis zum 30.09.2022 ausgeglichen werden.

Steht mit der Regelung des Art. 240 § 7 EGBGB nun fest, dass die Pandemie und der „Lockdown“ eine Störung der Geschäftsgrundlage eines jeden Miet- oder Pachtvertrages darstellt? Kann der Mieter somit nun ohne Weiteres die Miete kürzen?

Nein. Zum einen ist festzuhalten, dass Wohnraummietverträge von der Neuregelung ausgeschlossen sind. Zum anderen wollte der Gesetzgeber mit der zum 31.12.2020 eingeführten Regelung zwar Unternehmen eine Hilfestellung im Zusammenhang mit den Belastungen laufender Miet- und Pachtverträge bieten. Es wurde aber nur eine (widerlegbare) Vermutungsregelung für das Vorliegen eines von drei wesentlichen Tatbestandsmerkmalen des § 313 BGB statuiert. Zwar darf nun aufgrund der Neuregelung zwar angenommen werden, dass sich Umstände i.S.d. § 313 BGB durch die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie schwerwiegend geändert haben, wenn der Mieter seine Flächen nicht mehr oder nur eingeschränkt nutzen kann. Dennoch bedarf es nach wie vor der Darlegung des Mieters, dass die Parteien den Vertrag in Vorhersehung dieser Umstände nicht oder nur mit anderem Inhalt geschlossen hätten. Dies dürfte jedenfalls dann nur noch schwerlich gelingen, wenn die Parteien auf die erste Welle der Pandemie in irgendeiner Form vertraglich reagiert haben. Darüber hinaus bleibt es beim Mieter, darzulegen, dass ihm unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Das erfordert jedenfalls die Glaubhaftmachung einer erheblichen wirtschaftlichen Beeinträchtigung bis hin zur Existenzbedrohung; bloße Liquiditätsengpässe dürften nicht genügen. Bei der dabei erforderlich Einzelfalluntersuchung sind zudem die sonstigen staatlichen Unterstützungsmechanismen mit in den Blick zu nehmen. Erhält der Unternehmer hinreichende Überbrückungshilfen und Notkredite, kann er sich unter Anwendung der Kurzarbeiterregelungen weitgehend entlasten oder konnte er seinen wirtschaftlichen Verlust durch die erfolgreiche Umstellung des Geschäftsbetriebes auf Onlinehandel und einen „Click-and-Collect-Service“ in Grenzen halten, dürfte ein Festhalten an den Vertragsbedingungen zumutbar bleiben.

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