Infektionsschutzgesetz (IfSG)

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I. Behördliche Maßnahmen zur Bekämpfung und Eindämmung der Corona-Pandemie auf Basis des IfSG

1. Auf welcher rechtlichen Grundlage basieren die sog. Corona-Verordnungen und Allgemeinverfügungen in den Bundesländern?

Im Kampf gegen die (welt- und) deutschlandweite Corona-Pandemie haben die Bundesländer bzw. die Landesministerien Verordnungen und teilweise auch Allgemeinverfügungen mit dem Ziel der Eindämmung der Corona-Pandemie erlassen. Die im Detail variierenden Verordnungen und Allgemeinverfügungen der Bundesländer haben unter anderem Kontaktverbote im öffentlichen Raum und „Ausgangssperren“ zum Gegenstand und weisen damit eine unterschiedliche Regelungs- und Eingriffstiefe auf. Weitere staatliche Maßnahmen im Wege von Allgemeinverfügungen sind von zahlreichen Landkreisen und Städten erlassen worden.

Die Bundesländer stützen sich hierbei auf § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 (im Fall von Verordnungen jeweils) in Verbindung mit § 32 Infektionsschutzgesetz (IfSG) und die Landkreise/Städte teilweise auf § 16 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 IfSG. Ausweislich von § 32 IfSG werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen. Werden Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt oder ergibt sich, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, so trifft die zuständige Behörde gemäß § 28 Abs. 1 S. 1 IfSG die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist. Gemäß § 28 Abs. 1 S. 2 IfSG kann die zuständige Behörde unter den Voraussetzungen von Satz 1 Veranstaltungen oder sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen beschränken oder verbieten und Badeanstalten oder in § 33 genannte Gemeinschaftseinrichtungen oder Teile davon schließen; sie kann auch Personen verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte nicht zu betreten, bis die notwendigen Schutzmaßnahmen durchgeführt worden sind.

2. Welche unterschiedlichen Ausprägungen der Corona-Verordnungen und Allgemeinverfügungen, etwa in Form von „Kontaktverboten“ und „Ausgangsbeschränkungen“, gibt es?

a. Ausgangsbeschränkungen

Einige Bundesländer, wie beispielsweise Bayern (§ 1 Abs. 4 Bayerische Verordnung über eine vorläufige Ausgangsbeschränkung  anlässlich der Corona-Pandemie (24.03.2020)) und das Saarland (§ 1 Abs. 3 Allgemeinverfügung zu Vorläufigen Ausgangsbeschränkungen anlässlich der Corona-Pandemie (20.03.2020)), haben Ausgangsbeschränkungen erlassen, die sich von klassischen Ausgangssperren doch erheblich unterscheiden. Danach ist das Verlassen der eigenen Wohnung bei Vorliegen triftiger Gründe, wie etwa die Ausübung der beruflichen Tätigkeit, Arzt- und Krankenbesuchen sowie Sport und Bewegung an der frischen Luft durchaus erlaubt.

b. Kontaktverbote

Mit sog. „Kontaktverboten“ beschreiten Bundesländer wie etwa Nordrhein-Westfalen (§ 11 Abs. 1 Verordnung zum Schutz vor Neuinfizierungen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2) und Rheinland-Pfalz (§ 4 Abs. 1 Dritte Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz) einen moderateren und weniger grundrechtseingreifenden Regelungsansatz. Danach sind Bürgern Zusammenkünfte bzw. Versammlungen mit mehr als zwei Personen in der Öffentlichkeit untersagt, wobei Ausnahmen für Verwandte, Ehegatten, eingetragene Lebenspartner und in häuslicher Gemeinschaft lebende Personen sowie notwendige Zusammenkünfte aus geschäftlichen, beruflichen und dienstlichen sowie aus prüfungs- und betreuungsrelevanten Gründen gelten.

II. Gesetzgeberische Anpassungen des Infektionsschutzgesetzes in Anbetracht der Corona-Pandemie durch Änderung vom 27.03.2020

Das Infektionsschutzgesetz enthielt bis dato insbesondere weitreichende Befugnisse der Bundesländer, wonach diese in eigener Verantwortung Maßnahmen zur Bekämpfung von übertragbaren Krankheiten treffen konnten. Eine ergänzende Zuständigkeit des Bundes für den Krisenfall, abgesehen von  den Zuständigkeiten des Robert Koch-Instituts, fehlte.

Allerdings wurde kritisch angemerkt, dass auch das IfSG für die weitreichenden Maßnahmen keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage enthält:

Der Bundestag hat daher am 25.03.2020 in seiner 154. Sitzung das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ verabschiedet, um die Reaktionsfähigkeit auf Epidemien zu verbessern, indem der Bund mehr Kompetenzen erhält. Der Bundesrat hat dem Gesetz in seiner 988. Sitzung am 27.03.2020 zugestimmt.

Das Gesetz wurde am 27.03.2020 im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt einen Tag danach, d.h. am 28.03.2020 in Kraft. Davon abweichend bestimmt Art. 7 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, dass die Bestimmungen nach Art. 1 Nummer 7-10, d.h. insbesondere die nachfolgend darzustellende Änderung der Entschädigungsregelung in § 56a IfSG, mit Wirkung vom 30.03.2020 in Kraft treten.

1. Welche Änderungen des IfSG ergeben sich aus dem „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“?

a. Verordnungsermächtigungen § 5 und § 5a IfSG

Ausweislich des neu eingefügten § 5 Abs. 1 des IfSG hat der Bundestag nunmehr die Befugnis, eine epidemische Lage von nationaler Tragweite festzustellen, und warum sich diese ergibt. Der Bundestag hebt die Feststellung der epidemischen  Lage von nationaler Tragweite wieder auf, wenn die Voraussetzungen für ihre Feststellung nicht mehr vorliegen.

Für die Zeit der „epidemischen Lage“ stehen dem Bund die im Rahmen des IfSG vorgesehenen (neuen) Befugnisse zum Ergreifen der aufgeführten Maßnahmen zu. Dies sind nunmehr insbesondere:

Nach § 5 Abs. 2 Nr. 1, 2 IfSG kann das Bundesministerium für Gesundheit Anordnungen treffen, wodurch der grenzüberschreitende (Personen-) Verkehr beschränkt wird und die Identität sowie der Gesundheitszustand von Reisenden festgestellt wird.

Ausweislich von § 5 Abs. 2 Nr. 4 f. IfSG können durch das Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung bzw. Anordnung Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgung mit Arznei- und Heilmitteln, mit Medizinprodukten, sowie mit Produkten zur Desinfektion und Labordiagnostik getroffen werden.
Zudem ist der Kreis der Personen, welche bei Vorliegen einer epidemischen Notlage heilkundliche Tätigkeiten ausüben dürfen, durch § 5a IfSG erweitert worden, um so mehr personelle Ressourcen für das Gesundheitswesen zu akquirieren.

Die vorstehenden Neuerungen gelten zunächst zeitlich begrenzt bis zum 01.04.2021.

b. Anpassung von § 28 IfSG

Wie vorbeschrieben, wird § 28 IfSG von den Bundesländern bzw. den Landesbehörden als Ermächtigungsgrundlage für Maßnahmen zur Bekämpfung und Eindämmung der Corona-Pandemie herangezogen.

Dessen Absatz 1 wurde ausweislich der – vorläufigen – Gesetzesbegründung aus Gründen der Normenklarheit lediglich angepasst. In der Sache wird (damit) der Wortlaut geändert, nicht jedoch der Anwendungsbereich bzw. die Ermächtigungsgrundlage erweitert. In § 28 Abs. 1 Satz 1 letzter Halbsatz wird (wie vormals in Satz 2) klargestellt, dass die zuständige Behörde Personen insbesondere verpflichten kann, den Ort, an dem sie sich befindet, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

§ 28 Abs. 1 Satz 2 IfSG wurde dahingehend geändert bzw. konkretisiert, dass eine Beschränkung oder ein Verbot von Veranstaltungen oder sonstigen Ansammlungen von Menschen unabhängig von der Anzahl der Personen möglich ist.

2. Welchen Regelungsinhalt hat der Entschädigungsanspruch nach § 56a IfSG in Bezug auf Kita- und Schulschließungen?

Das Gesetz enthält in § 56a Abs. 1 IfSG eine Regelung darüber, dass der Verdienstausfall von Eltern ausgeglichen wird, deren Kind das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder behindert ist, die ihr Kind infolge einer auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes behördlich angeordneten Schließung von Kitas oder Schulen selbst betreuen müssen. Die Eltern müssen darlegen, dass keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit bestand.

Die Regelung tritt (voraussichtlich) am 01.01.2021 wieder außer Kraft.

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