stefan lammel gesellschaftsrecht 1.jpgDr. Oliver Wasmeier

Einkommensteuerliche Anerkennung einer inkongruenten Gewinnausschüttung

Wird eine inkongruente Gewinnausschüttung durch alle Gesellschafter einstimmig beschlossen, dann setzt deren steuerliche Anerkennung nicht zwingend voraus, dass der Gesellschaftsvertrag einen von der gesetzlichen Grundregel der Kongruenz abweichenden Gewinnverteilungsschlüssel oder eine Öffnungsklausel vorsieht.

Die Verteilung des auszuschüttenden Gewinns in einer GmbH erfolgt, wenn nichts anderes vereinbart wird, nach dem Verhältnis der Kapitalanteile. Es gibt aber ganz verschiedene Gründe, aus denen die Gesellschafter ein Interesse daran haben können, einzelnen Gesellschaftern einen höheren Gewinnanteil zuzubilligen als ihm nach seiner Beteiligungsquote zusteht (sog. disquotale Gewinnausschüttung). So kann ein „Sonderopfer“ eines Gesellschafters honoriert werden, etwa wenn dieser als unentgeltlicher Geschäftsführer tätig war. Auch wenn bei einem der Gesellschafter im privaten Bereich hohe Verlustvorträge bestehen, kann es Sinn machen, diesem einen höheren Anteil zuzubilligen, insbesondere wenn er sich zugleich verpflichtet, anschließend das Geld disquotal wieder einzulegen.

Das Finanzamt erkennt disquotale Gewinnausschüttungen bislang nur an, wenn eine entsprechende Verteilung im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist. Zu Unrecht, wie nun das FG Köln (Urteil vom 14.09.2016 - 9 K 1560/14) entschieden hat. Denn gesellschaftsrechtlich ist eine disquotale Ausschüttung auch ohne formelle Satzungsänderung wirksam, sondern es bedarf „lediglich“ eines einstimmigen Gesellschafterbeschlusses.

Dies überzeugt auch deshalb, weil verdeckte Gewinnausschüttungen regelmäßig disquotal erfolgen und hier die disquotale Zurechnung auch vom Finanzamt steuerlich nachvollzogen wird. Es gibt keinen Grund, offene inkongruente Gewinnausschüttungen, die mit dem Gesellschaftsrecht im Einklang stehen, steuerlich hiervon abweichend zu behandeln. Wenn der ggfs. entgegen der Satzung gefasste Gewinnverteilungsbeschluss einstimmig gefasst wurde und auf eine inkonkrete Gewinnausschüttung beschränkt ist, ist er gesellschaftsrechtlich wirksam und muss – vorbehaltlich eines Gestaltungsmissbrauchs – auch die Grundlage der steuerlichen Beurteilung sein.

Um Zweifelsfragen zu vermeiden, sollten Gesellschaftsverträge jedoch eine Öffnungsklausel vorsehen, dass die Gewinnverteilung von den Gesellschaftern auch – um Missbrauchsvorwürfe auszuschließen mit einstimmigem Beschluss – abweichend von der jeweils vorgesehenen Regelung beschlossen werden kann.

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