Anneliese Moritz

Brasiliens Arbeitsmarktreform: Stück um Stück aus der Krise

Der brasilianische Bundessenat hat im Juli in einer turbulenten Sitzung ein Gesetz verabschiedet, das frischen Wind in das verstaubte brasilianische Arbeitsrecht bringen dürfte.

Eine Handvoll Senatoren konnte zwar die Abstimmung um sechs Stunden verzögern, da einer der opponierenden Senatoren den Versammlungsvorsitz innehatte; schlussendlich wurde der Entwurf aber bei 26 Gegenstimmen mit 50 Stimmen angenommen. Das Gesetz wird 120 Tage nach der Ausfertigung durch Präsident Temer und der Veröffentlichung im amtlichen Mitteilungsblatt in Kraft treten.

Ziel der neuen Regelungen ist die Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen, indem künftig Tarifvereinbarungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften vom geltenden Arbeitsrecht abweichen können.

Die wichtigsten Änderungen im brasilianischen Arbeitsrecht in Kürze:

  • Arbeitszeiten und -pausen können durch Tarifvereinbarungen angepasst werden;
  • gesetzliche Feiertage können mit Arbeitstagen ausgetauscht werden;
  • Möglichkeit zum Überstundenausgleich;
  • Stärkung der Teilzeitarbeit;
  • Regulierung von Home-Office-Tätigkeit und Streichung der gesetzlichen maximalen Arbeitszeit pro Tag;
  • soweit der Arbeitgeber für die Beförderung seiner Arbeitnehmer aus Gegenden ohne ÖPNV zur Arbeitsstätte sorgt, gilt die Fahrtzeit nicht als Arbeitszeit;
  • Abschaffung der Gewerkschaftssteuer (bislang waren alle Arbeitnehmer zu jährlichen Zahlungen an die Gewerkschaften verpflichtet).

Diese Veränderungen bedeuten eine erhebliche Verbesserung, da die Ausgestaltung von Arbeitsverträgen den Anforderungen der Wirtschaft künftig eher gerecht werden kann. Die Reformen dürften ausländische Investoren ermutigen, in Brasilien zu investieren. Doch bleibt noch Raum für Verbesserungen. Insbesondere haftet weiter jedes Konzernunternehmen für die arbeitsrechtlichen Verbindlichkeiten sämtlicher Gruppenunternehmen. Dieses Haftungskonzept steht in Widerspruch zum Prinzip einer Haftungsbeschränkung bei Kapitalgesellschaften und führt zu erheblichen praktischen Schwierigkeiten, die sich weiterhin negativ auf Investitionsentscheidungen auswirken dürften.

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