Dr. Christoph Fingerle, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Befristung von Arbeitszeiterhöhungen, Forderung nach Verlängerung der Arbeitszeit und „eine Zwickmühle“

Die Parteien des Rechtsstreits hatten sich bis zum Bundesarbeitsgericht um die Rechtmäßigkeit der zeitlichen Befristung von Arbeitszeiterhöhungen sowie um die klägerische Forderung nach dauerhafter Erhöhung seines Arbeitszeitdeputats gestritten. Nach rechtskräftiger Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hat der Kläger im Folgeprozess Schadensersatzansprüche wegen angeblich rechtswidrig nicht erfolgter Arbeitszeiterhöhung geltend gemacht. Dazu liegt nunmehr das Urteil im Berufungsrechtszug vor; die Revision wurde nicht zugelassen.

Sachverhalt

Der Kläger war langjährig bei der Beklagten, einer Schulträgerin, als Lehrer in Teilzeit tätig. Neben seinem unbefristeten Teilzeitdeputat von 12 Unterrichtsstunden wöchentlich waren dem Kläger insgesamt 11 aufeinanderfolgende, jeweils für ein Schuljahr befristete zusätzliche Unterrichtsdeputate von 2 bis 13 Unterrichtsstunden pro Woche übertragen worden. Die letzte befristete Erhöhung wurde hinsichtlich der Befristung damit begründet, dass mit der Umstellung von der neunjährigen auf die achtjährige Gymnasialzeit der zeitlich befristete Mehrbedarf für den Kläger mit dem Schuljahresende wegfallen werde.

Der Kläger hatte bereits seit mehreren Jahren die Übertragung eines höheren, unbefristeten Arbeitszeitdeputats beantragt.

Nachdem die Beklagte mit dem Schuljahresende 2011/2012 die befristete Arbeitszeiterhöhung mit Fristablauf beendete und auch dem Erhöhungsverlangen des Klägers nicht entsprochen hatte, erhob dieser Klage mit dem Ziel, sein Erhöhungsverlangen durchzusetzen, hilfsweise die Unwirksamkeit der befristeten Arbeitszeiterhöhung feststellen zu lassen.

Durch alle Instanzen war die „Entfristungsklage“ erfolgreich, die Klage auf weitere Erhöhung des Arbeitszeitdeputats ohne Erfolg. Das Arbeitsgericht hatte die Rechtsunwirksamkeit der zeitlich befristeten Arbeitszeiterhöhung noch auf § 14 Abs. 1 TzBfG gestützt, das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg dem Grunde nach einen sachlichen Befristungsgrund anerkannt, gleichwohl die Befristung wegen rechtsmissbräuchlicher Verwendung des Instituts der Befristung für rechtsunwirksam erachtet.

Der Erhöhungsanspruch des Klägers ist durch alle Instanzen hindurch verneint worden mit dem Argument, dass unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen eines Erhöhungsverlangens nach § 9 TzBfG ein Anspruch auf Arbeitszeiterhöhung nach anderweitiger Besetzung entsprechender Stellen nun nicht mehr bestehe, allenfalls Schadensersatzansprüche in Betracht kämen.

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 23.03.2016 – 7 AZR 828/13 – die Urteile der Vorinstanzen bestätigt, dies hinsichtlich des Erhöhungsverlangens auch bezüglich der Begründung (BAG AP Nr. 73 zu § 307 BGB).

Dazu, nach welchen Maßstäben die Rechtmäßigkeit bzw. Rechtswidrigkeit der zeitlichen Befristung von Arbeitszeiterhöhungen zu beurteilen ist, hat das Bundesarbeitsgericht in Abweichung von den Begründungen der Vorinstanzen wesentliche Grundsätze fixiert. Danach ist eine befristete Erhöhung der Arbeitszeit dann nicht nach § 14 Abs. 1 TzBfG zu prüfen, wenn es sich nicht um eine Erhöhung der Arbeitszeit im erheblichen Umfang handelt. Eine Erhöhung im erheblichen Umfang liegt in der Regel nur dann vor, wenn das Aufstockungsvolumen mindestens 25 % einer entsprechenden Vollzeitstelle umfasst.

Ist diese Voraussetzung nicht erfüllt, erfolgt die Rechtmäßigkeitsprüfung nach der AGB-Inhaltskontrolle gem. § 307 Abs. 1 BGB. Das Bundesarbeitsgericht hat sodann aufgrund der Gesamtdauer und der Vielzahl der einzelnen befristeten Arbeitszeiterhöhungen eine unangemessene Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB bejaht, damit der Befristung die Rechtswirksamkeit versagt. Dabei ist das Gericht davon ausgegangen, dass bei Abschluss der befristeten Zusatzvereinbarung eine Prognose habe gestellt werden können, dass mit der Umstellung von G9 auf G8 eine Verringerung des Unterrichtsbedarfs einhergehen werde. Dies rechtfertigte nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts die Befristung jedoch deshalb nicht, weil die Beklagten – wie schon in den Befristungsvereinbarungen in den Jahren zuvor – auch die Deputatsreduzierung oder Arbeitsverhinderung anderer Lehrkräfte als Befristungsgrund angegeben hatte.

Im Verhältnis zum Kläger stand damit für die Beklagte als Zwischenergebnis fest, dass die weitere Befristung von Arbeitszeiterhöhungen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Bestand haben würde.

Der Kläger hatte im Folgerechtsstreit sodann auf Schadensersatz geklagt, weil hinsichtlich seiner Erhöhungsforderung das Hauptargument in den klagabweisenden Judikaten jeweils war, dass er aufgrund Besetzung der Stelle allenfalls auf Schadenersatzansprüche verwiesen sei. Zeitlich zwischen diesen Rechtsstreitigkeiten hatte die Beklagte aufgrund kurzfristigen Ausfalls zweier Lehrkräfte einen Vertretungsbedarf für die Hälfte des zweiten Schulhalbjahres bis zum Schuljahresende. Der Kläger, der sich für die Übernahme dieser Vertretung interessiert hatte, wurde von der Beklagten nicht berücksichtigt, weil in Konsequenz des Urteils des Bundearbeitsgerichts eine rechtswirksame Befristung der Arbeitszeiterhöhung zur Vertretung nicht für möglich erachtet wurde. Dementsprechend wurden die befristeten Vertretungsstellen anderweitig besetzt.

Durch Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 14.07.2017 – 7 Sa 18/17 – wurde bestätigt, dass dem Kläger weitestgehend kein Schadensersatzanspruch für die Nichtberücksichtigung seines Erhöhungswunsches zusteht. Ausgenommen davon war die zwischen den Rechtsstreitigkeiten erfolgte Bewerbung des Klägers auf die befristeten Vertretungsstellen. Dessentwegen ist die Beklagte zur Zahlung eines Schadensersatzanspruches in Höhe von 1.617,86 EUR brutto nebst Zinsen verurteilt worden. Das Landesarbeitsgericht begründet seine Entscheidung damit, die Beklagte könne nicht einwenden, die Befristung der Erhöhung der Deputatsstunden wäre ihr rechtlich verwehrt gewesen. Aufgrund Krankheitsvertretung hätte ein sachlicher Grund vorgelegen, wäre daher eine Befristung rechtlich möglich gewesen. Im Übrigen könne sich die Beklagte auf die eventuell rechtliche Unmöglichkeit der rechtswirksamen Befristung nicht berufen. Das verbiete das Recht der allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie jedenfalls der Grundsatz widersprüchlichen Verhaltens.

Hinweis für die Praxis

Bei der zeitlichen Befristung von Arbeitszeiterhöhungen sollte – unabhängig davon, ob dies unter § 307 Abs. 1 BGB oder das Argument des institutionellen Rechtsmissbrauchs der Befristung gefasst wird – von Arbeitgeberseite hinsichtlich der Dauer und Häufigkeit der Befristungen die Rechtsprechung zum institutionellen Rechtsmissbrauch beachtet werden. Maßstab dafür ist jeweils die Überschreitung der Grenzen des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG um ein Mehrfaches. Diese Grenzen liegen hinsichtlich der Dauer bei zwei Jahren und hinsichtlich der Anzahl der Verlängerungsvereinbarungen bei drei. Ausgehend von einer mehrfachen Überschreitung läge eine Grenze bei einer Gesamtdauer von ca. sechs Jahren und einer Anzahl der Verlängerungen (Vereinbarungen) von neun, wobei beide Grenzen kumulativ eingehalten werden müssen.

Sollte die dargestellte „Zwickmühlensituation“ eintreten, sollte also eine weitere befristete Arbeitszeiterhöhung hinsichtlich der Befristung mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtsunwirksam sein, der Arbeitnehmer gleichwohl ein Erhöhungsverlangen geäußert haben, bleibt allein die Entscheidung für das geringere Übel. Die Rechtsunwirksamkeit der Befristung besteht dauerhaft, damit bleibt auch die einmal erfolgte Erhöhung der Arbeitszeit unbefristet bestehen. Bei anderweitiger Besetzung des Erhöhungsdeputats verbleibt nach der insoweit stimmigen Rechtsprechung des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg nur ein Schadensersatzanspruch für die Dauer der Befristung.

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