Stephanie Krüger, Fachanwältin für ArbeitsrechtSebastian Hoegl, Gesellschaftsrecht

Zur Einwilligung von Arbeitnehmern in die Videoüberwachung am Arbeitsplatz

Eine individuelle und informierte Einwilligung eines Arbeitnehmers kann dazu geeignet sein, eine Videoüberwachung am Arbeitsplatz zu rechtfertigen.

Hintergrund

Der Kläger ist Betreiber einer Apotheke und hatte in der Vergangenheit sehr hohen Warenschwund zu verzeichnen. Hierfür verdächtigte er Kunden oder Angestellte. Um den Verlust der Waren einzudämmen, installierte er zur Abschreckung Videokameras, die sowohl den Verkaufsraum als auch den Bereich vor dem Betäubungsmittelschrank aufzeichneten. Vor der Inbetriebnahme hatte der Apotheker seine Angestellten informiert, eine gemeinsame Einwilligungserklärung aller Angestellten eingeholt und Hinweisschilder im Verkaufsraum angebracht.

Die Datenschutzbehörde erließ eine Unterlassungsanordnung mit der Begründung, die Videoüberwachung sei nicht gerechtfertigt und daher verboten. Der Kläger wehrte sich mit seiner Klage vor dem Verwaltungsgericht gegen diese Unterlassungsanordnung.

Das Urteil des VG Saarlouis, Az.: 1 K 1122/14

Das VG Saarlouis entschied, dass die Videoüberwachung im Verkaufsraum nicht zulässig war. Eine Videoüberwachung ist in öffentlich zugänglichen Räumen nur gestattet, soweit sie für die Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist. Der Apotheker vermochte die hierfür erforderliche Gefährdungslage nicht zu begründen. Es. Sein allgemeiner Hinweis auf Entwendungen in der Apotheke genügte nicht. Die Unterlassungsanordnung blieb daher aufrecht erhalten.

Die Videoüberwachung des nicht öffentlich zugänglichen Betäubungsmittelschranks sei aufgrund einer wirksamen Einwilligung der Mitarbeiter hingegen zulässig. Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung der Arbeitnehmer sei, dass der über den konkreten Kontrollzweck informierte Betroffene freiwillig schriftlich einwilligt. Die Bedenken der Beklagten, das Abhängigkeitsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer schließe die Freiwilligkeit der Einwilligung aus, teilt das Gericht nicht. Auch zu anderen Zwecken sei Datenverarbeitung im Arbeitsverhältnis möglich, unter bestimmten Voraussetzungen sogar einwilligungsfrei. Außerdem stelle eine etwaige Benachteiligung des Arbeitnehmers aufgrund verweigerter Einwilligung einen groben Verstoß gegen die arbeitgeberseitigen Pflichten dar, der diesen sogar zum Schadenersatz verpflichten würde. Daher müssten konkrete Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Arbeitnehmer im Einzelfall die Einwilligung nicht ohne Zwang abgegeben habe. Die Beschäftigten könnten zudem der nur punktuellen Videoüberwachung ausweichen und würden nicht ununterbrochen beobachtet.

Anmerkung

Bereits mit Urteil vom 11.12.2014 hatte sich das Bundesarbeitsgericht (Az.: 8 AZR 1010/13) mit der (datenschutzrechtlichen) Einwilligung des Arbeitnehmers beschäftigt und auch dort die Einwilligung grundsätzlich für möglich erachtet.
Das VG Saarlouis macht nunmehr detailliertere Ausführungen dazu, welche formellen Anforderungen an eine solche Einwilligung zu stellen sind. Es betont, dass eine Unterschriftenliste unter dem alleinigen Satz „Mir ist bekannt, dass in der Apotheke 5 Überwachungskameras aufgestellt sind und ich erkläre mich damit einverstanden.“ den Voraussetzungen offensichtlich nicht genüge. Eine gemeinsame Erklärung aller Angestellten könne Indiz dafür sein dass ein „gewisser Gruppenzwang“ unter den Arbeitnehmer erzeugt wurde und die Erklärung daher nicht freiwillig sei. Eine individuelle Einwilligung eines jeden Arbeitnehmers mit entsprechender Aufklärung genügt dem Gericht hingegen.
Mit dem VG Saarlouis hat nunmehr ein weiteres Gericht die datenschutzrechtliche Einwilligung im Arbeitsverhältnis für grundsätzlich möglich erachtet und damit der bisherigen Rechtsauffassung der Datenschutzbehörden widersprochen. Datenschutzrechtliche Einwilligungen von Arbeitnehmern können somit ein taugliches Mittel sein, um eine andernfalls unzulässige Datenverarbeitung (wie z.B. eine Videoüberwachung) zu rechtfertigen. Für eine dauerhafte Datenverarbeitung können derartige Einwilligungen allerdings problematisch sein, da diese durch die Arbeitnehmer grundsätzlich widerrufen werden können. Nach Ansicht des BAG ist die Wirksamkeit eines solchen Widerrufs jeweils von den Umständen des Einzelfalls abhängig.

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