hendrik thies gesellschaftsrecht 2.jpgDr. Sven Ufe Tjarks, Fachanwalt für Gesellschaftsrecht

Wesentliche Beteiligungen an Aktiengesellschaften

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Anforderungen an die Mitteilung des Erwerbs einer wesentlichen Beteiligung durch den Aktionär an die Gesellschaft nach § 20 AktG verschärft.

Mit Urteil vom 05.04.2016 (Az. II ZR 268/14) hat der BGH klargestellt, wie ein Unternehmen, dem unmittelbar oder mittelbar mehr als 25% der Aktien einer deutschen, nicht börsennotierten Aktiengesellschaft gehören, seiner Pflicht nach § 20 AktG genügt, der Gesellschaft den Erwerb einer solchen wesentlichen Beteiligung mitzuteilen.

Danach muss

1. die Mitteilung nach dem Erwerb erfolgen, d.h. es genügt z.B. nicht, wenn der Gesellschaft vorab ein Kaufvertrag oder Vertragsentwurf zum Zweck der Zustimmung übersandt wurde;

2. der Vorstand die Mitteilung als eine solche nach § 20 AktG erkennen können; und

3. die Gesellschaft die Mitteilung ohne korrigierende Eingriffe so veröffentlichen können, dass sich die Art der Beteiligung und der Inhaber für die Öffentlichkeit zweifelsfrei ergeben. Der Vorstand der Gesellschaft darf also z.B. die Beteiligungshöhe nicht erst aus den Angaben des Aktionärs errechnen müssen, auch wenn ihm dies möglich wäre.

Damit werden die Anforderungen an die Mitteilung erheblich verschärft.

Der BGH argumentiert mit Sinn und Zweck der Mitteilungspflicht: Zweck der Regelung ist, Aktionäre, Gläubiger und Öffentlichkeit über Konzernverbindungen zu unterrichten. Das erwerbende Unternehmen muss es dem Vorstand der Aktiengesellschaft ermöglichen, die Öffentlichkeit rasch und vollständig durch Bekanntmachung im Bundesanzeiger (§ 20 Abs. 6 AktG) zu unterrichten. Die Mitteilung eines erst in der Zukunft liegenden Erwerbs, erst Recht bei Übersendung eines bloßen Vertragsentwurfs, würde der Gesellschaft eine Überwachungspflicht aufbürden, ob und wann die Beteiligung wirksam zustande kommt, damit die Gesellschaft dann ihre Pflicht zur Bekanntmachung der Beteiligung richtig erfüllen kann. Dies sollte durch die gesetzliche Mitteilungspflicht jedoch gerade vermieden werden.

Die Folgen einer unterbliebenen Mitteilung sind gravierend: Solange die Mitteilungspflicht gegenüber der Gesellschaft nicht erfüllt wird, stehen dem Aktionär keine Rechte (z.B. Stimm- und Dividendenbezugsrechte) aus den betroffenen Aktien zu (§ 20 Abs. 7 AktG). Hauptversammlungsbeschlüsse können daher angefochten werden, wenn eine Mitteilung nach § 20 AktG nicht ordnungsgemäß erfolgte. Die Dividende kann ausnahmsweise noch verlangt werden, wenn die Mitteilung nicht vorsätzlich unterlassen wurde und unverzüglich nachgeholt worden ist (§ 20 Abs. 7 Satz 2 AktG); hierfür trägt der Aktionär, der die Mitteilung unterlassen hat, die Darlegungs- und Beweislast.

Vor dem Hintergrund des neuen Urteils des BGH sollten Aktionäre künftig jedoch stets darauf achten, Mitteilungen nach § 20 AktG ausdrücklich als solche zu bezeichnen und die Art und Höhe der Beteiligung übersichtlich anzugeben, so dass die Angaben für die Bekanntmachung durch die Gesellschaft einfach übernommen werden können. Sonst droht im schlimmsten Fall später die Rückforderung gezahlter Dividenden für mehrere Jahre und die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen.

Die Anforderungen an die Beteiligungstransparenz bei börsennotierten Gesellschaften sind übrigens noch höher: Hier sind bereits Beteiligungen ab einer Höhe von 3% nach §§ 21 ff. WpHG zu melden und es bestehen zahlreiche, komplexe Zurechnungsvorschriften für Konzernunternehmen. Die Rechtsfolgen einer unterlassenen Mitteilung entsprechen § 20 AktG.

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