Prof. Dr. F. Christian Genzow, Vertriebsrecht

Klarstellung zum Begriff des Neukunden

Ist ein Kunde noch Neukunde, wenn er bereits ein anderes Produkt des Unternehmens gekauft hat?

Der EuGH hat sich mit dem Neukundenbegriff beim Ausgleichsanspruch befasst (C-315/14 vom 07.04.2016). Dabei ging es um den Ausgleichsanspruch eines Handelsvertreters. Maßgebend für die Höhe eines Ausgleichsanspruchs ist, dass dem Unternehmer aus der Geschäftsverbindung mit neuen Kunden erhebliche Vorteile erwachsen sind.

Konkret ging es um einen Handelsvertreter für Brillengestelle. Diesem hatten die Vorgerichte die Ausgleichszahlung um die Hälfte gekürzt. Begründung: Die von dem Handelsvertreter erbrachte Vermittlungstätigkeit sei dadurch erleichtert worden, dass die Kunden bereits wegen anderer Waren eine Geschäftsverbindung mit dem Unternehmer unterhielten. Der vom BGH angerufene EuGH war allerdings der Auffassung, dass die Beurteilung, ob es sich um einen neuen oder um einen vorhandenen Kunden handelt, nicht am Kunden festzumachen ist, sondern anhand der Waren erfolgen muss, die der Handelsvertreter im Auftrag des Unternehmers vermittelt hat. Für diese Waren seien zusätzliche Vermittlungsbemühungen und gegebenenfalls eine besondere Verkaufsstrategie notwendig. Dies gelte vor allem dann, wenn die Produkte verschiedene Markennamen tragen. Vor diesem Hintergrund seien die von einem Handelsvertreter geworbenen Kunden auch dann als Neukunden im Sinne des § 89 b Abs. 1 Ziff. 1 HGB anzusehen, wenn sie bereits wegen anderer Waren Geschäftsverbindungen mit dem Unternehmer unterhielten.

Übertragen auf das Kfz- Geschäft lässt sich aus dieser Entscheidung ableiten, dass für den Ausgleichsanspruch ein Kunde auch dann als Neukunde zu berücksichtigen ist, wenn er bereits zuvor ein Fahrzeug einer anderen Konzernmarke erworben hat. Eine Reduzierung des Ausgleichsanspruchs, wie sie im vorliegenden Fall die Vorgerichte vorgenommen hatten, darf demnach nicht erfolgen.

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