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Rechtliche Neuerungen 2017

Auf Unternehmen und Unternehmer kommen 2017 wieder einige rechtliche Neuerungen zu. Hier geben wir Ihnen einen Überblick:

Reformationstag 2017 überall gesetzlicher Feiertag

Des einen Freud, des anderen Leid: Der Reformationstag am 31. Oktober 2017 wird einmalig zum bundesweiten Feiertag, denn 2017 jährt sich Martin Luthers Thesenanschlag zum 500. Mal. 1517 hatte Luther seine 95 Thesen an die Schlosskirche von Wittenberg geschlagen. Normalerweise haben an diesem Tag nur die Arbeitnehmer in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern frei. Für das Jubiläumsjahr wurde das – einmalig – geändert.

Mindestlohn steigt auf 8,84 Euro

Der Mindestlohn steigt ab 1. Januar 2017 von bisher 8,50 Euro auf 8,84 Euro brutto je Zeitstunde. In einzelnen Branchen liegt er sogar noch höher. Im Baugewerbe etwa beträgt er in den alten Bundesländern 11,30 Euro, in den neuen Bundesländern 11,05 Euro pro Stunde. Die Mitglieder der Mindestlohnkommission hatten am 28. Juni 2016 einstimmig für eine Erhöhung votiert, Ende Oktober 2016 hat die Bundesregierung diesem Vorschlag zugestimmt. Die Kommission entscheidet alle zwei Jahre nach dem Mindestlohngesetz über die Anpassung der Höhe des Mindestlohns – das nächste Mal dann im Jahr 2018.

Die Flexi-Rente kommt und macht längeres Arbeiten attraktiver

Ältere Arbeitnehmer bekommen 2017 durch die neue Flexi-Rente mehr Möglichkeiten für einen flexiblen Übergang in die Rente. Bislang drohen empfindliche Kürzungen, wenn jemand mit 63 in Rente geht und mehr als 450 Euro im Monat dazuverdient. Künftig soll es für den Hinzuverdienst nur noch eine Obergrenze von 6.300 Euro im Jahr geben – und dann gilt die Regel: 40% des darüber liegenden Zuverdienstes wird von der Rente abgezogen.

Neuregelung für Dividendenfälligkeit bei Aktiengesellschaften

Mit Wirkung ab dem 1. Januar 2017 tritt die mit dem Aktienrechtsnovelle 2016 eingeführte Neuregelung zur Dividendenfälligkeit in Kraft. Der Dividendenanspruch ist danach künftig am dritten auf die Hauptversammlung folgenden Geschäftstag fällig. Die Hauptversammlung oder die Satzung können eine spätere Fälligkeit bestimmen. Ist, z.B. unter Cashflow oder Reporting-Gesichtspunkten, erwünscht, die Fälligkeit der Dividendenansprüche in einem bestimmten Quartal zu erreichen, empfiehlt es sich daher, dies in der Satzung entsprechend zu regeln.

Neues Bauvertragsrecht

Voraussichtlich ab Mitte 2017 werden neue Regelungen zur Reform des Bauvertragsrechts und zur Änderung der kaufrechtlichen Mängelhaftung gelten. Diese werden unter anderem eine erhebliche Haftungsverschärfung auch für Lieferanten beinhalten: Stellen sich in ein Bauvorhaben eingebaute Produkte als mangelhaft heraus, ist als Ersatz nicht nur ein mangelfreies Produkt zu liefern, sondern es müssen auch die Aus- und Wiedereinbaukosten getragen werden. Noch ist unklar, ob dies vertraglich abbedungen werden kann. Auch für den Bauherrn sind neue Pflichten vorgesehen: Während bis dato im Einzelfall die Abnahme des Bauwerks noch durch Nichts-Tun verweigern konnte, genügt dies künftig nicht mehr. Vielmehr muss der Bauherr nach einer angemessenen Frist konkrete Mängel benennen, wegen derer er seine Abnahme verweigert.

Vorbereitungen für den Brexit

Im Oktober 2016 hat die britische Premierministerin bekräftigt, dass die britische Regierung beabsichtige, Ende März 2017 den Austritt gem. Artikel 50 des EU-Vertrags zu erklären. Auch wenn der Supreme Court in London über eine Beteiligung des Parlaments verhandelt, und der Zeitpunkt daher offen ist, scheint jedenfalls klar: Der Brexit kommt. Deshalb sollten deutsche Unternehmen bereits jetzt einiges beachten (s. dazu näher Brexit): Bestehende Verträge, die eine Restlaufzeit von mehr als zwei Jahren aufweisen und bei denen in Gerichtsstand in Großbritannien vorgesehen ist, sollten angepasst werden, um Schwierigkeiten bei der Vollstreckung zu begegnen. Künftige Verträge sollten ein außerordentliches Kündigungs- und Anpassungsrecht für den Brexit-Fall vorsehen. Schließlich sollten alle Unternehmer, die ihr Geschäft in Deutschland in Form einer „plc“ oder „Limited“ betreiben, Alternativen prüfen, um eine persönliche Haftung nach dem Austritt zu vermeiden. 

Neues zur Leiharbeit

Zum 1. April 2017 treten weitreichende Änderungen im Bereich der Arbeitnehmerüberlassung in Kraft: Derselbe Leiharbeitnehmer darf künftig für maximal 18 Monate überlassen werden, derselbe Arbeitsplatz kann allerdings über einen längeren Zeitraum als 18 Monate mit (wechselnden) Leiharbeitnehmern besetzt werden. Kurzzeitige Unterbrechungen führen nicht zu einem Neubeginn des Laufes der 18-monatigen Frist. Leiharbeiter sollen künftig grundsätzlich nach spätestens neun Monaten die gleichen Vergütungsleistungen wie Stammbeschäftigte erhalten. Außerdem zählen sie bei den Schwellenwerten des Betriebsverfassungsgesetzes und der Unternehmensmitbestimmung mit. Eine vorhandene Arbeitnehmerüberlassungserlaubnis deckt nur noch vertragliche Vereinbarungen, die auch ausdrücklich als Arbeitnehmerüberlassung tituliert sind.

Neuer Schwellenwert für EEG-Begrenzungen für Industrieunternehmen

Im Energierecht tritt zum 01.01.2017 einmal mehr ein neues EEG (2017) in Kraft. Kern der Reform ist ein Systemwechsel weg von der garantierten Einspeisevergütung hin zu einem Ausschreibungsmodell. Zugleich werden künftig mehr Unternehmen von Begrenzungen der EEG-Umlage profitieren. Unternehmen, die den Mindestverbrauch von 1 GWh p.a. erreichen und ihrem Geschäftsgegenstand nach auf der sogenannten „Liste 1“ einer Anlage zum EEG geführt sind, können schon bei einer Stromkostenintensität von 14% eine Begrenzung der EEG-Umlage beantragen (in 2016 waren noch 17% erforderlich). Darüber hinaus wird die gesetzliche Definition der „Umwandlung“ des EEG verändert, wodurch Erleichterungen bei der Antragstellung nach Unternehmensübertragungen im Wege eines Asset-Deals eintreten.

Änderungen im Medizinprodukterecht

Das Jahr 2017 bringt tiefgehende Änderungen für Unternehmen im Medizinproduktebereich, insbesondere mit der neuen Medizinprodukteverordnung der EU (Medical Device Regulation- MDR), den Änderungen der MPBetreibV sowie der MPSV.

Die MDR wird, voraussichtlich ab dem zweiten Quartal 2017, innerhalb der kommenden drei Jahre stufenweise in Kraft treten. Sie ersetzt die bislang geltenden EU-Richtlinien zu Medizinprodukten und Aktiven Implantierbaren Medizinprodukten. Die MDR wird die Anforderungen für die Hersteller chirurgischer, wiederverwendbarer Instrumente der Klasse I sowie von Produkten der Klassen IIb und III verschärfen. Insb. die Anforderungen an die Technische Dokumentation sowie die Marktbeobachtung und klinische Prüfung bei neuen Produkten werden strenger. Außerdem wird künftig nicht mehr jede Benannte Stelle alle Produktarten prüfen können. Hersteller von Medizinprodukten sollten daher abklären, welche Produkte ihre bisherige Benannte Stelle weiterhin zertifizieren kann. Bereits zum 1. Januar 2017 gilt die neue Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV). Danach müssen größere Einrichtungen mit mehr als 20 Mitarbeitern künftig einen Beauftragten für Medizinproduktesicherheit ernennen.

Neue Abgasregelungen für Kraftfahrzeuge

Gleich zwei Änderungen zur Kontrolle von Abgaswerten gelten ab 2017, die insbesondere für Fahrzeughersteller und -händler relevant sind. Ab dem dritten Quartal läuft die Umstellung des Fahrzyklus vom aktuell gültigen NEFZ (Neuer europäischer Fahrzyklus) auf das neue Testverfahren WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure). Beide Testverfahrens sind aber reine Prüfstandverfahren, die den tatsächlichen Verbrauch und tatsächliche Emissionen nicht widerspiegeln. Daher werden im Rahmen der Typprüfung künftig auch RDE (Real Driving Emissions), d.h. Emissionen im praktischen Fahrbetrieb, geprüft werden. Die Einführung der RDE-Prüfung erfolgt stufenweise, zunächst für Stickoxidemissionen von Dieselmotoren, später auch für Partikel bei Diesel und Otto-Motoren. Um die Auswirkungen abzumildern darf der Grenzwert von 80 Milligramm Stickoxide pro Kilometer bis zum 31.12.2019 um 110%, anschließend um 50% überschritten werden. Modelle, die diese Anforderungen nicht einhalten, erhalten keine Betriebserlaubnis.

Gewährleistungsmarke und grafische Darstellbarkeit

Für Unionsmarken, d.h. Marken, die in der gesamten Europäischen Union geschützt sind, ergeben sich 2017 zwei wichtige Änderungen. Zum einen wird es zukünftig eine neue Unions-Markenform geben, die sogenannte „Unionsgewährleistungsmarke“. Diese wird geschaffen, um der Forderung der Wirtschaft nach einer eigenen Markenform für die in der Praxis wichtigen Gütezeichen nachzukommen. Anders als eine „normale“ Marke, die als Herkunftshinweis dient, soll eine Gewährleistungsmarke gegenüber Verbrauchern eine besondere Qualität der Waren oder Dienstleistungen garantieren. Zum anderen entfällt das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit einer Marke. Dies hat zur Folge, dass auch Zeichen, die nicht grafisch darstellbar sind, wie etwa Geräusche, als Marke geschützt werden können. Geruchs- oder Geschmacksmarken werden dagegen wohl weiterhin nicht schutzfähig sein, da es keine Möglichkeit gibt, diese in einem allgemein zugänglichen Register zu speichern und wiederzugeben.

Neues im Insolvenzanfechtungsrecht

Noch nicht in Kraft, aber voraussichtlich im Lauf der ersten Jahreshälfte zu erwarten sind einige Neuerungen bei der Insolvenzanfechtung (s. dazu auch Insolvenzanfechtung: Reform lässt auf sich warten). So ist insbesondere mit einer Herabsetzung der derzeit 10 Jahre betragenden Anfechtungsfrist bei der Vorsatzanfechtung zu rechnen. Ob an der von der Rechtsprechung entwickelten Vermutung, dass die Vereinbarung von (Raten-)Zahlungsvereinbarungen auf die Kenntnis des Vertragspartners von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin schließen lässt, ist offen. Der Regierungsentwurf sah vor, diese Vermutung umzukehren, die Länder möchten daran festhalten. Auch zum Ausschluss der Vorsatzanfechtung bei Bargeschäften zeichnet sich in den Beratungen des Rechtsausschusses bislang keine klare Linie ab.

Dr. Barbara Mayer
Fachanwältin für Handels- und Gesellschaftsrecht

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