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Handlungsbedarf bei der Gestaltung von Formulararbeitsverträgen ab 1. Oktober 2016

Für die Wahrung von arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen genügt zukünftig Textform.

Arbeitsvertragliche Ausschlussfristen sind aus Arbeitgebersicht ein probates Mittel, um einer Geltendmachung zusätzlicher finanzieller Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis durch den Arbeitnehmer weitmöglich zu entgehen. Beispielhaft seien hier Forderungen nach dem finanziellen Ausgleich von Mehrarbeit genannt, die in der Praxis häufig erst nachträglich – vor allem im Rahmen von Trennungssituationen – erhoben werden.

Durch Vereinbarung einer wirksamen Ausschlussfrist kann der Zeitraum der Nachforderung im Rahmen von Formularverträgen auf bis zu drei Monate nach Fälligkeit verkürzt werden. Für Arbeitgeber liegt hierin ein effektives, von der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte anerkanntes Mittel der Risikominimierung, das schnell und nachhaltig Rechtssicherheit schafft.

Ab dem 1. Oktober 2016 ändern sich die Spielregeln für die Vereinbarung arbeitsvertraglicher Ausschlussfristen. Diese bleiben zwar weiterhin zulässig, dürfen aber nicht mehr daran gekoppelt werden, dass der Arbeitnehmer innerhalb der jeweils genannten Frist schriftlich reagieren muss, um vermeintliche zusätzliche Ansprüche zu wahren.  Dies gilt gleichermaßen für ein- sowie zweistufige Ausschlussfristen. Grund hierfür ist das „Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts“ vom 17. Februar 2016. Obgleich die monströs anmutende Bezeichnung des Regelwerks nichts dergleichen nahelegt, versteckt sich hierin eine Anpassung des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, das bei der Gestaltung von Formulararbeitsverträgen zwingend zu beachten ist: Bislang war es gemäß § 309 Nr. 13 BGB unzulässig, die Wirksamkeit von Anzeigen oder Erklärungen eines Verbrauchers – als solche gelten Arbeitnehmer im Verhältnis zu Arbeitgebern – an eine strengere Form als die Schriftform zu knüpfen. Auf Basis der Neuregelung lässt der Gesetzgeber bereits die sogenannte Textform für eine wirksame Rechtswahrung genügen.

Der Unterschied zwischen Schriftform und Textform ist schnell erklärt: Schriftform liegt vor, wenn der Arbeitnehmer seine Erklärung mit einer eigenhändigen Namensunterschrift versieht. Textform umfasst demgegenüber im Grunde alle lesbaren Erklärungen, in denen die Person des Arbeitnehmers genannt ist und die auf einem „dauerhaften Datenträger“ abgegeben werden. Mit anderen Worten: Für die Einhaltung der Textform genügt z.B. eine einfache E-Mail oder aber ein Telefax.

Die im Rahmen von Ausschlussfristen gebräuchliche Schriftform für die Geltendmachung von Ansprüchen ist ausgehend hiervon Makulatur. In der Konsequenz sind Ausschlussfristen in allen nach dem 1. Oktober 2016 begründeten Arbeitsverträgen unwirksam, wenn sie die Erhebung von Ansprüchen in Schriftform vorsehen. Dem Arbeitnehmer steht damit der gesamte gesetzlich vorgesehene Verjährungszeitraum für die Geltendmachung ergänzender Ansprüche zur Verfügung.  Zwar besteht Vertrauensschutz für so genannte „Altverträge“, d.h. alle Arbeitsverträge, die bis zum 30. September 2016 abgeschlossen worden sind. Zu beachten ist allerdings, dass der Bestandsschutz schon bei nur marginalen nachträglichen Änderungen des Arbeitsvertrages entfallen kann, z.B. durch die Änderung der Vergütungshöhe, die Zuweisung eines anderen Tätigkeitsbereichs oder die Gewährung sonstiger zusätzlicher Leistungen.

Vor dem geschilderten Hintergrund sind Arbeitgeber gut darin beraten, ihr Nutzungsverhalten betreffend arbeitsvertragliche Ausschlussfristen - und damit ihre Vertragspraxis - zu ändern. Aufatmen können lediglich Arbeitgeber, die sich auf tarifvertragliche Ausschlussfristen berufen. Diese unterfallen gemäß § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle.

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