Prof. Dr. F. Christian Genzow, Vertriebsrecht

Bewertungsportale müssen prüfen

Bewertungsportale haben sich mittlerweile in vielen Branchen etabliert. Doch nicht jede Bewertung darf unbesehen übernommen werden.

Im Kfz-Gewerbe bewerten Portale die Leistungen von Werkstätten. Die Nutzer geben ihr Urteil in der Regel ohne Angabe eines Klarnamens ab. Das Urteil des BGH vom 01.03.2016 (VI ZR 34/15) betrifft zwar die Pflichten des Betreibers eines Ärztebewertungsportals. Diese gelten aber auch für alle anderen Bewertungsportale. Eine Bewertung stelle grundsätzlich keine eigene Behauptung des Betreibers des Portals dar. Deswegen hafte der Betreiber für die vom Nutzer des Portals abgegebene Bewertung nur dann, wenn er zumutbare Prüfungspflichten verletzt hat. Zwar dürfe dem Dienstanbieter eines Bewertungsportals keine Prüfungspflicht auferlegt werden, die sein Geschäftsmodell wirtschaftlich gefährdet oder seine Tätigkeit unverhältnismäßig erschwert. Allerdings trägt der Betrieb eines Bewertungsportals das Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Diese Gefahr werde durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym abzugeben, erheblich verstärkt.

Der BGH ist daher der Auffassung, dass dieser Gefahr nur dadurch entgegengewirkt werden kann, dass der Portalbetreiber dem bewerteten Unternehmen bei einem außerordentlich negativen Nutzerurteil dieses übersendet und den Bewertenden dazu anhalten müsse, den angeblichen Kontakt zum Unternehmen möglichst genau zu beschreiben. Gegebenenfalls ist der Bewertende auch aufzufordern, Unterlagen und sonstige Indizien möglichst umfassend vorzulegen. Diese Voraussetzungen gelten jedenfalls dann, wenn der Bewertende dem Unternehmen erhebliche Mängel zuweist, die sich genauso erheblich auf dessen Geschäft auswirken können. Die Konsequenz dieses BGH-Urteils: Der Betreiber eines Bewertungsportals darf nicht jede Bewertung einfach unbesehen übernehmen. Eine richtige Entscheidung zur richtigen Zeit.

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