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Zur Amtsniederlegung des Alleingeschäftsführers einer GmbH

Wenn der alleinige Geschäftsführer und Gesellschafter einer GmbH in der wirtschaftlichen Krise und insbesondere während eines laufenden Insolvenzverfahrens sein Amt als Geschäftsführer niederlegt, ist dies rechtsmissbräuchlich und somit unwirksam, wenn die Gesellschaft hierdurch führungslos wird. Dies hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 11.11.2014 (Az. 20 W 317/11) entschieden.

Hintergrund

Der Beschwerdeführer ist Alleingesellschafter und Alleingeschäftsführer einer GmbH. Nachdem über das Gesellschaftsvermögen am 03.01.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, meldete dieser am 03.05.2011 die Niederlegung seines Geschäftsführersamts zum Handelsregister an.

Das Handelsregister wies die Anmeldung mit der Begründung zurück, die Amtsniederlegung sei rechtsmissbräuchlich, da nicht gleichzeitig ein neuer Geschäftsführer bestellt worden sei.

Das Oberlandesgericht wies die hiergegen gerichtete Beschwerde des Geschäftsführers zurück. An die Amtsniederlegung des alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführers seien aufgrund der Personenidentität von Geschäftsführungs- und Willensorgan erhöhte Anforderungen zu stellen. Die organschaftliche Position des Geschäftsführers einer juristischen Person werde durch das Insolvenzverfahren nicht berührt. Auch in der Insolvenz bestünde ein Bedürfnis der Gesellschaft nach einem vertretungsbefugten und handlungsfähigen Organ. Die Amtsniederlegung stelle sich somit als rechtsmissbräuchlich dar und sei daher unwirksam. Dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer sei die Fortführung des Geschäftsführersamtes auch unabhängig vom Fortbestand seines Arbeitsverhältnisses zumutbar. Zur Begründung führt das Gericht unter anderem aus, dass zwar prinzipiell die Möglichkeit der Bestellung eines Notgeschäftsführers oder eines Verfahrenspflegers bestünde, dies aber in der Krise praktisch kaum umsetzbar sei.  

Folgen für die Praxis

Mit dieser Entscheidung stellt sich das OLG gegen eine in der Literatur weit verbreitete Auffassung und schließt sich den Entscheidungen anderer Gerichte an. Dabei kann der Geschäftsführer nach der Auffassung des Bundesgerichtshofs sein Amt grundsätzlich jederzeit niederlegen. Die Amtsniederlegung solle auch dann wirksam sein, wenn kein wichtiger Grund vorliegt.

Die Instanzgerichte schränken diesen Grundsatz jedoch für den Fall des Rechtsmissbrauchs ein, insbesondere wenn hierdurch die Handlungsunfähigkeit der Gesellschaft herbeigeführt wird und es sich um den alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer handelt. Nachdem der Bundesgerichtshof diese Frage bislang noch nicht entscheiden musste, hat das OLG Frankfurt am Main nun die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Weitgehend ungeklärt ist zudem bislang die Frage, ob der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs auch einem Gesellschafter-Geschäftsführer (der nicht Alleingesellschafter ist) oder gar einem Fremdgeschäftsführer gemacht werden könnte. Mit der Argumentation des Bundesgerichtshofes und der Instanzgerichte erscheint dies als unwahrscheinlich, so dass eine Amtsniederlegung wohl auch in der Krise der Gesellschaft wirksam wäre. Dies könnte letztendlich dazu führen, dass die Gesellschaft auf Dauer führungslos ist, wenn die Gesellschafter keinen neuen Geschäftsführer finden.

Für Gesellschafter gilt dabei insbesondere zu beachten, dass sie bei einer führungslosen Gesellschaft zum einen zur Passivvertretung der Gesellschaft berechtigt und auch verpflichtet sind. Dies hat zur Folge, dass Willenserklärungen gegenüber ihnen abgegeben werden können und Zustellungen an sie bewirkt werden können. Zudem sind sie - bei Vorliegen der Voraussetzungen - zur Stellung eines Insolvenzantrages verpflichtet.

Für den Geschäftsführer besteht im Übrigen das Risiko, dass die Amtsniederlegung ohne hinreichenden Grund eine Verletzung des Anstellungsvertrags und der organschaftlichen Pflichten darstellt, die zu Schadensersatzansprüchen der Gesellschaft führen kann.

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