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Schweiz: Neue Melde- und Dokumentationspflichten bei Bargeschäften, für Aktionäre und Gesellschaften

Zur Bekämpfung von Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und anderen Bedrohungen der Integrität des internationalen Finanzsystems hat die Financial Action Task Force, eine Expertengruppe der OECD, Regelungsvorschläge unterbreitet, die per 1. Juli 2015 in der Schweiz umgesetzt wurden. Inhaltlich geht es zum einen um strenge Transparenzvorschriften, die für juristische Personen und die an ihnen wirtschaftlich Berechtigten eingeführt wurden; zum anderen kommen ab 1. Januar 2016 Prüf- und Dokumentationspflichten für Händler bei Bargeldgeschäften über CHF 100‘000 hinzu.

Neue Sorgfaltspflichten bei Barzahlungen im Handelsgeschäft

Das per 1. Januar 2016 in Kraft tretende revidierte Geldwäschereigesetz (GwG) sieht vor, dass Händler – dazu zählen alle Personen, die gewerblich mit Gütern handeln – bei der Entgegennahme von Barzahlungen über CHF 100‘000 gewisse Pflichten wahrnehmen müssen. Darunter fallen die Identifikation der Vertragspartei, die Feststellung der wirtschaftlich berechtigten Person sowie die Pflicht zur Dokumentation der gemachten Angaben. Besondere Abklärungen sind vorzunehmen, wenn das Geschäft ungewöhnlich erscheint und Anhaltspunkte für Geldwäscherei vorliegen, d.h., dass das vorgelegte Bargeld aus einem Verbrechen oder aus einem qualifizierten Steuervergehen herrührt oder der Verfügungsmacht einer kriminellen Organisation unterliegt. In diesen Fällen muss sich ein Händler bei der Vertragspartei über die Hintergründe und den Zweck des Geschäfts erkundigen, die gemachten Angaben auf ihre Plausibilität hin beurteilen und diese Abklärungen schriftlich festhalten.

Die Identifikation der Vertragspartei erfolgt durch Angabe von Name, Vorname, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit, was anhand der Kopie eines amtlichen Ausweises zu überprüfen ist. Wird eine Vertragspartei vertreten, ist zudem der Vertreter anhand eines amtlichen Ausweises zu identifizieren, und die Firma und der Sitz der vertretenen Partei zu registrieren, sofern es sich bei dieser um eine juristische Person handelt.

Die Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten erfolgt durch Nachfrage bei der Vertragspartei, ob sie wirtschaftlich Berechtigte am Bargeld sei. Wird diese Frage glaubwürdig bejaht, ist keine weitere Überprüfung erforderlich. Bestehen hingegen Zweifel an der Richtigkeit der Angaben, müssen bei natürlichen Personen Name, Vorname, Adresse, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit des wirtschaftlich Berechtigten angegeben werden. Bei juristischen Personen ist als wirtschaftlich Berechtigter der Kontrollinhaber festzustellen, d.h. die Person(en), welche an der Vertragspartei direkt oder indirekt, allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten, mindestens 25% des Kapitals oder der Stimmen halten oder auf diese auf andere Weise maßgeblichen Einfluss nehmen.

Für jedes Geschäft mit Barzahlung über CHF 100‘000 ist ein gesetzlich vorgegebenes Formular auszufüllen oder ein inhaltlich gleichwertiges Dokument zu erstellen. Dieses Formular oder Dokument ist 10 Jahre aufzubewahren.

Im Vergleich zur 4. EU-Geldwäschereirichtlinie, die eine Prüfpflicht bei Barzahlungen über EUR 10‘000 vorsieht, erscheint die Limite von CHF 100‘000 relativ hoch. Allerdings wird bereits mit diesem Mindestbetrag eine Vielzahl von Geschäften in unterschiedlichsten Branchen erfasst. Hauptbetroffene werden voraussichtlich vor allem Juweliere, die Bauwirtschaft, Immobilienhändler, Gebrauchtwagenhändler und der Kunsthandel sein. Die neuen Regelungen gelten aber bei Bargeschäften in allen Branchen.

Neue Melde- und Dokumentationspflichten im Aktienrecht

Um die Transparenz der Beteiligungsverhältnisse an schweizerischen Aktiengesellschaften und Gesellschaften mit beschränkter Haftung zu gewährleisten, gelten seit 1. Juli 2015 diverse Meldepflichten der Anteilseigner und Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten für Gesellschaften. Da für börsennotierte Gesellschaften bereits börsenrechtliche Offenlegungspflichten bestehen, gelten diese neuen Regelungen nur für nicht börsennotierte Gesellschaften.

Inhaberaktionäre müssen neu beim Erwerb auch nur einer Inhaberaktie ihren Erwerb innerhalb eines Monats der Gesellschaft melden. Die Meldung erfolgt unter Nachweis des Besitzes der Aktie(n), Angabe von Vor- und Nachname bzw. Firma sowie Adresse und Nachweis der Identität mittels amtlichen Ausweises bei natürlichen bzw. Handelsregisterauszuges bei juristischen Personen.

Zusätzlich zu dieser Meldepflicht muss jeder Erwerber von Inhaberaktien, Namenaktien oder Stammanteilen (bei einer GmbH) der Gesellschaft die an den Anteilen wirtschaftlich berechtigte Person melden, sofern er mit diesem Erwerb allein oder in gemeinsamer Absprache mit Dritten den Grenzwert von 25 % des Aktien- bzw. Stammkapitals erreicht oder überschreitet. Die Meldung erfolgt dabei unter Angabe von Vor- und Nachname sowie Adresse des wirtschaftlich Berechtigten. Ungewöhnlich dabei ist, dass im Gegensatz zur entsprechenden börsenrechtlichen Meldepflicht den Erwerber und nicht den hinter dem Erwerb steckenden wirtschaftlich Berechtigten trifft. Das dürfte insbesondere dann problematisch sein, wenn der Erwerber den tatsächlich wirtschaftlich Berechtigten gar nicht kennt, sondern (berechtigterweise) davon ausgeht, dass eine andere zwischengeschaltete Person der wirtschaftlich Berechtigte ist.

Keine Meldepflicht für Inhaberaktionäre und betreffend wirtschaftlich Be-rechtigte besteht, wenn die Aktien als sog. Bucheffekten ausgestaltet sind, da die Transparenz in diesem Fall anderweitig sichergestellt ist.

Um die Einhaltung der Meldepflichten sicherzustellen, sieht das Gesetz harsche Konsequenzen bei deren Verletzung vor. Eine Meldepflichtverletzung führt dazu, dass die Mitgliedschaftsrechte des Gesellschafters (darunter fallen u.a. das Stimmrecht und das Recht auf Teilnahme an der Gesellschafterversammlung), solange ruhen bis der Meldepflicht nachgekommen wird. Noch tiefgreifender ist, dass die Vermögensrechte (d.h. insbesondere das Recht auf Dividende) eines Gesellschafters, der nicht rechtzeitig meldet, seine Vermögensrechte bis auf weiteres verwirkt. Diese leben erst nach erfolgter Meldung und nur für die ab dem Meldezeitpunkt entstehenden Vermögensrechte wieder auf.

Um die Beteiligungsverhältnisse jederzeit nachvollziehen zu können, ist die Gesellschaft gehalten, ein Verzeichnis über die wirtschaftlich Berechtigten und gegebenenfalls über die Inhaberaktionäre zu führen. In diesem sind die von den meldenden Aktionären erhaltenen Angaben aufzuführen. Zusammen mit den Verzeichnissen sind sämtliche Belege, die den Einträgen in den Verzeichnissen zugrunde liegen, ebenfalls aufzubewahren. Die Aufbewahrungspflicht besteht bis 10 Jahre nach der Streichung einer Person aus dem Verzeichnis.

Diese neuen Transparenzvorschriften scheinen auf den ersten Blick klar und relativ einfach zu erfüllen. In der Praxis werfen sie jedoch unzählige Fragen auf und führen in verschiedenen Fällen zu einer nicht unerheblichen Rechtsunsicherheit. Unklar bleiben die Regelungen insbesondere bei indirekten Beteiligungsverhältnissen und in Konzernverhältnissen. Hier werden letztlich nur Gerichtsentscheide oder eine Gesetzesrevision die gewünschte Klarheit bringen können.

Emanuel Dettwiler, Kellerhals Carrard

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