Prof. Dr. F. Christian Genzow, Vertriebsrecht

Rücktritt vom Kaufvertrag nach dem VW-Skandal

Der Handel muss sich darauf einstellen, dass Kunden vom Kaufvertrag ihres Dieselfahrzeugs zurücktreten wollen. Doch die Rechte der Käufer sind noch unklar.

Zur Beschaffenheit eines Fahrzeugs (§ 434 Abs. 1 Satz 3 BGB) gehören auch Eigenschaften, die der Käufer entsprechend den Aussagen des Verkäufers oder Herstellers - insbesondere der Werbung - erwarten kann. Dabei muss sich der Händler die Angaben des Herstellers wie eigene Aussagen zurechnen lassen.

Von VW wurde offenbar die Software für die Motorsteuerung auf Testzyklen hin angepasst. Hier wird zunächst die Frage zu klären sein, ob das Prüfverfahren den Einsatz einer so angepassten Software zuließ oder nicht. Für die USA scheint diese Frage beantwortet zu sein, für Europa aber nicht. Daher gelten die Emissionsergebnisse nur dann als Abweichung von der Beschaffenheit, wenn eine solche Software nicht verwendet werden durfte. In diesem Fall ist von einem Sachmangel auszugehen. Wenn dieser Mangel die Kaufentscheidung beeinflusst hat, muss er erheblich sein, um einen Rücktritt zu rechtfertigen. Reicht zur Mangelbeseitigung ein einfaches Software-Update aus, dürfte für einen Rücktritt vom Kaufvertrag keine hinreichende Rechtsgrundlage bestehen. Grundsätzlich muss ein Käufer in der Gewährleistungszeit dem Händler eine angemessene Frist zur Beseitigung des Mangels einräumen. Erst wenn diese fehlschlägt, darf er vom Kaufvertrag zurücktreten.

Er könnte den Kaufvertrag aber auch wegen arglistiger Täuschung (§ 123 Abs. 1 BGB) anfechten. Nimmt man an, der Käufer fühlt sich getäuscht, weil er einen umweltfreundlichen Diesel kaufen wollte, das Fahrzeug aber weniger umweltfreundlich ist, kann eine arglistige Täuschung nicht vollständig ausgeschlossen werden - jedenfalls dann, wenn der Kunde direkt vom Hersteller gekauft hat. Hat er beim Händler gekauft, der nichts von der Manipulation wusste, ist es höchst fraglich, ob dieser sich das Verhalten des Herstellers zurechnen lassen muss (§ 278 BGB).

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