Sven Köhnen, Fachanwalt für Arbeitsrecht

Neuwagenvertrieb durch Vertragswerkstätten: Verkaufsverbot unzulässig?   

Einige Kfz-Hersteller sprechen in ihren Serviceverträgen explizit Verkaufsverbote für Neuwagen der eigenen Marke aus. Dabei ist es juristisch äußerst fraglich, ob diese wirksam sind.

Kfz-Hersteller sehen es nicht gern, wenn ihre Vertragswerkstätten Neufahrzeuge vertreiben. Bereits in der Vergangenheit haben sie daher versucht, dagegen vorzugehen. Die Maßnahmen der Kfz-Hersteller reichten von der Abmahnung über die Aufforderung, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, bis hin zur außerordentlichen Kündigung.

Mit ihren Maßnahmen, die sie bisher zumeist auf marken- und wettbewerbsrechtliche Vorschriften gestützt haben, sind sie jedoch vor Gericht regelmäßig erfolglos geblieben. Daher sind sie neuerdings dazu übergegangen, in den Serviceverträgen ausdrückliche Verkaufsverbote für Neufahrzeuge der herstellereigenen Marke zu statuieren. Ob solche Verkaufsverbote jedoch wirksam sind und welche rechtlichen Bedenken hiergegen bestehen, soll nachfolgend beleuchtet werden.

Bisherige Rechtsprechung

Bereits im Jahr 2008 beschäftigte sich das Oberlandesgericht (OLG) Jena mit Urteil vom 25.06.2008 - 2 U 21/08 mit einem Fall, in dem die dortige Verfügungsbeklagte lediglich Nissan-Vertragswerkstatt und nicht Vertragshändlerin war. Dennoch bewarb die Nissan-Vertragswerkstatt Neufahrzeuge der Marke Nissan.

Auf einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch konnte sich der Importeur als Verfügungskläger jedoch nicht stützen - nach der Rechtsprechung agiert ein Werkstatthändler, der nicht autorisiert ist, Neuwagen zu verkaufen, nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG nur dann wettbewerbswidrig, wenn es sich a) um einen nachgewiesenen Fall des Schleichbezugs handeln würde oder b) wenn der Verkäufer seinen Vorverkäufer zum Vertragsbruch verleitet hätte, oder aber c), es würde ein sogenannter Irreführungsfall vorliegen, indem sich der Verkäufer als Verkaufshändler geriert. Einen vertraglichen Anspruch des Importeurs in Bezug auf das Unterlassen von Neuwagenverkäufen vermochte das OLG Jena ebenfalls nicht zu erkennen. Wenn eine vertragliche Regelungslücke bestehe, ließe sich diese nicht durch eine ungeschriebene Treuepflicht schließen, erklärte das Gericht.

Vertragliche Verkaufsverbote

Vor dem Hintergrund, dass Verkaufsverbote aufgrund der bisherigen Rechtsprechung nur in bestimmten Fallkonstellationen als wirksam erachtet worden sind, sind einige Kfz-Hersteller dazu übergegangen, entsprechende Verkaufsverbote einfach in den Serviceverträgen zu vereinbaren. Ob dies im Lichte des Kartellrechts aber eine Lösung darstellen kann, ist äußerst zweifelhaft.

Da ein Verkaufsverbot dazu führt, dass der betroffene Servicepartner keine Neufahrzeuge der herstellereigenen Marke vertreiben darf, wird der betroffene Servicepartner möglicherweise überhaupt keinen Werkstattvertrag mehr abschließen mit der Folge, dass die Anzahl von Vertragswerkstätten auf dem Markt abnimmt. Da ein solches Verkaufsverbot daher letztlich den Wettbewerb einschränkt, ist es gemäß den kartellrechtlichen Vorschriften unwirksam.
Ob eine Gruppenfreistellung in Betracht kommt, ist ebenfalls fraglich. Denn diesbezüglich käme es darauf an, dass die maßgebliche Marktanteilsschwelle von 30 Prozent noch nicht überschritten ist. Bereits hier bestehen unterschiedliche Rechtsauffassungen zwischen der Europäischen Kommission und dem Bundesgerichtshof.

Fazit

Ob in Serviceverträgen statuierte Verkaufsverbote wirksam sind, ist äußerst fraglich. Bereits das OLG Jena hat in seiner Entscheidung darauf aufmerksam gemacht, dass Treuepflichten eines Werkstattbetriebs nicht weitergehen können als die freier Händler. Diesem Grundgedanken ist auch zu folgen, denn ansonsten käme es zu einer rechtlichen Ungleichbehandlung zwischen freien Händlern und Vertragswerkstätten. Bereits der Bundesgerichthof (BGH) hat mit Urteil vom 01.12.1999 - I ZR 130/96 ausgeführt, dass freie Händler sich nicht unlauter verhalten würden, wenn sie Neufahrzeuge verkauften, die sie auf dem Graumarkt bezogen hätten. Dies jedoch einer Vertragswerkstatt zu verbieten, wäre ein Widerspruch.

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