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BGH zu Kostentragung des Bauherrn bei Baumängeln infolge einer Planungsänderung

Bei Bauvorhaben kommt es häufig vor, dass eine an sich bereits fertiggestellte Planung geändert wird. Die Realisierung der geänderten Ausführungsweise läuft dann aber leider nicht immer fehlerfrei ab. Der Bundesgerichtshof (BGH) stellt in einer jüngeren Entscheidung nunmehr klar, dass der Bauherr unter Umständen auch dann Teile der Mängelbeseitigungskosten tragen muss, wenn er Planungsänderungen auf das Betreiben seines Architekten hin direkt mit dem Bauunternehmer vereinbart. Ob der Unternehmer in derartigen Fällen eigene Änderungsvorschläge unterbreitet hat, spielt dem BGH zufolge keine Rolle (Urteil vom 16.10.2014, Az.: VII ZR 152/12).

Der Fall

Die Klägerin, ein Bauunternehmen, nahm die beklagte Bauherrin auf Zahlung von Restwerklohn in Anspruch. Sie wurde von der Beklagten beauftragt, eine Plattenfassade an einem Hochhaus anzubringen. Bei den technischen Absprachen wurde die Bauherrin von ihrem Architekten - ihrem Streithelfer - vertreten, der auch Ausführungsdetails festlegen durfte und mit dem die Klägerin sich abstimmen musste. Der Architekt hatte ein Leistungsverzeichnis erstellt, auf dem die Klägerin ihr Angebot basierte und das sowohl für die waagerechten als auch für die senkrechten Fugen in der Fassade eine Breite von 8 mm vorsah.

Die Bauherrin hingegen wünschte aus optischen Gründen eine schmalere Ausführung der senkrechten Fugen. Ihr Architekt nahm deshalb Kontakt mit dem Hersteller der Fassadenplatten auf, um sich über die Machbarkeit dieser Lösung mit dem Material zu informieren. Sodann wirkten die Bauherrin und ihr Architekt auf das Bauunternehmen ein, sodass es schließlich mit einer Abweichung von der ursprünglichen Planung einverstanden war. Die Vertikalfugen sollten nur noch 2 bis 3 mm breit ausgeführt und nur in jede dritte senkrechte Fuge Halteprofile eingesetzt werden.

Das Bauunternehmen errichtete die Fassade dann auf der Grundlage dieser Planung, wobei die senkrechten Fugen jedoch unterschiedlich breit ausgeführt wurden, nämlich zwischen 0 mm und 8 mm.

Die Bauherrin beanstandete diese Ausführungsweise nach Erhalt der Schlussrechnung und kürzte deren Summe um einen Sicherheitseinbehalt in Höhe von 25.104,53 EUR, was 5 % der Schlussrechnungssumme entsprach. In dem von der Beklagten gestellten Vertrag war ein Gewährleistungseinbehalt in Höhe von 5 % der Gesamtbruttoabrechnungssumme vereinbart, der von der Schlussrechnung in Abzug gebracht werden sollte und den die Klägerin durch eine Bürgschaft auf erstes Anfordern hätte ablösen dürfen.

Das Bauunternehmen reichte daraufhin beim Landgericht Klage auf einen Betrag in Höhe von 60.168,79 EUR ein, die jedoch abgewiesen wurde. In der Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) war die Klägerin erfolgreicher: Die Bauherrin wurde zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 33.236,41 EUR Zug um Zug gegen die Erstellung einer mangelfreien Fassade verurteilt. Die Mängelbeseitigung sollte aber nur gegen einen Zuschuss der Beklagten in Höhe von 56.188,80 EUR erfolgen. In Höhe des Sicherheitseinbehalts wurde die Klage vom OLG abgewiesen, da dieser zu Recht hätte vorgenommen werden dürfen.

Gegen diese Entscheidung gingen sowohl die Klägerin als auch die Beklagte vor. Die Klägerin wehrte sich gegen die Teilabweisung ihrer Klage, die Beklagte gegen die Zug-um-Zug-Verurteilung, soweit die Beseitigung der Mängel von der Zahlung eines Betrages an die Klägerin abhängig war.

Die Entscheidung des BGH

Der BGH verhalf der Revision der Klägerin zum Erfolg, wies die der Beklagten jedoch zurück.

Zunächst bestätigte er seine bisherige Rechtsprechung, indem er ausführte, dass die Vertragsklausel, welche die Bauherrin zu einem Sicherheitseinbehalt berechtigte, der gegen eine Bürgschaft auf erstes Anfordern abgelöst werden könne, unwirksam sei. Die Regelung verstoße gegen § 9 Abs. 1 AGBG, nunmehr § 307 Abs. 1 BGB.

Bei dem von der Bauherrin gestellten Bauvertrag handelte es sich dem BGH zufolge um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Klauseln in AGB, die vorsehen, dass der Unternehmer einen Gewährleistungssicherheitseinbehalt von 5 % der Auftragssumme nur gegen Stellung einer Bürgschaft auf erstes Anfordern ablösen könne, benachteiligen der ständigen Rechtsprechung des BGH zufolge den Unternehmer jedoch unangemessen, sodass sie unwirksam sind.

Für einen auf diese Regelung gestützten Einbehalt gab es also keine Grundlage, weshalb die Bauherrin zur Zahlung des einbehaltenen Betrages verurteilt wurde.

Sodann befasste der BGH sich mit dem Vorgehen der Bauherrin gegen die Entscheidung des OLG. Er bestätigte dessen Ansicht, dass die Beklagte sich im Rahmen des von ihr geltend gemachten Mängelbeseitigungsanspruchs das Planungsverschulden ihres Architekten gem. §§ 254 Abs. 2, Satz 2, 278 BGB zurechnen lassen muss. Dazu führt der BGH aus:

Ein Anspruch auf Mängelbeseitigung gem. § 633 BGB erfordert zwar kein Verschulden des Mangelverursachers, ein auf Seiten des Bestellers an der Entstehung mitwirkendes Verschulden ist gem. §§ 254, 242 BGB aber zu berücksichtigen. Dabei obliegt es grundsätzlich dem Besteller, seinem Auftragnehmer zuverlässige Pläne und Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Bedient er sich für diese Planungsaufgaben eines Architekten, ist dieser im Verhältnis zum Bauunternehmer Erfüllungsgehilfe des Bestellers, sodass der Besteller für ein Verschulden seines Architekten einstehen muss.

Bereits geklärt sei die Frage, dass der Bauherr es sich gegenüber dem Unternehmer zurechnen lassen muss, wenn der Architekt im Laufe der Bauausführung fehlerhafte Anordnungen erteilt, aufgrund derer von der ursprünglichen Planung abgewichen werden soll. Dem BGH zufolge stehe es dem gleich, wenn der Architekt eine Planungsänderung zwar nicht einseitig vorgibt, diese jedoch auf sein Betreiben hin einvernehmlich zwischen dem Besteller und dem Unternehmer vereinbart wird und der Architekt hinsichtlich dieser Änderung die Planungsverantwortung übernimmt. In diesen Fällen komme es nicht darauf an, ob der Unternehmer einen Änderungsvorschlag unterbreitet habe.

Der vom BGH zu entscheidende Fall entspreche dem auch. Denn die Parteien hätten sich auf das Betreiben des Architekten und der Bauherrin hin auf eine von der ursprünglichen Planung abweichende Breite der senkrechten Fugen verständigt. Für diese Planungsänderung habe der Architekt die Planungsverantwortung übernommen. Ihm sei nicht nur die Genehmigung der Ausführungsdetails vorbehalten gewesen, die Klägerin habe sich vielmehr auch stets mit ihm abstimmen müssen. Entsprechend sei er auch für nachträgliche Planungsänderungen verantwortlich gewesen.

Die Planungsänderung bzgl. der Fugenführung habe der Architekt sich auch zu Eigen gemacht und sie verantwortlich mitgetragen. Dies zeige sich nicht nur an seiner Mitwirkung bei der Vereinbarung der Planungsänderung, sondern auch an seiner Eigeninitiative, z.B. seinen Erkundigungen bei der Klägerin und bei der Herstellerin der Fassadenplatten.

Der Architekt habe die mangelhafte Ausführung somit mitverschuldet, was aufgrund seiner Stellung als Erfüllungsgehilfe auch der Bauherrin zuzurechnen sei. Sie kann von der Bauunternehmerin zwar eine Mängelbeseitigung verlangen, muss dem Unternehmer gegenüber aber einen dem ihr zugerechneten Verschulden entsprechenden Teil der Mängelbeseitigungskosten tragen.

Folgen für die Praxis

Mit dieser Entscheidung setzt der BGH seine Rechtsprechung im „Dreiecksverhältnis" Bauherr - Unternehmer - Architekt fort. Er macht deutlich, dass nicht nur fehlerhafte einseitige Vorgaben des Architekten, die zu einer Planungsänderung führen, zur Mithaftung bzw. Kostenbeteiligung des Bauherrn an der Beseitigung eines auf ihnen beruhenden Baumangels führen können, sondern auch anderes Mitwirken des Architekten.

Für Bauherren bedeutet dies, dass eine von ihnen gewünschte Abweichung von der ursprünglich vorgesehenen Planung bei mangelhafter Ausführung nicht vollständig kostenfrei korrigiert wird, wenn ihr Architekt bei der Änderung maßgeblich mitgewirkt hat. Der Unternehmer kann vielmehr eine Kostenbeteiligung verlangen. Dies gilt in diesen Fällen sogar dann, wenn der Änderungsvorschlag vom Unternehmer selbst kam. Zwar dürfte dann auch regelmäßig ein Verschulden des Architekten bei der Planung oder Überwachung der Ausführung vorliegen, sodass er für die entsprechenden Kosten schadensersatzpflichtig wäre, gleichwohl besteht damit die Gefahr weiterer Auseinandersetzungen. Bauherren sollten ihre Wünsche deshalb bereits in der Planungsphase zeitnah mitteilen, um nicht nur die Kosten einer Planungsänderung selbst zu vermeiden, sondern auch die Gefahr einer Beteiligung an den Mängelbeseitigungskosten zu verringern.

Architekten hat der BGH mit dieser Entscheidung deutlich gemacht, dass jedes verantwortliche Mitwirken an einer Änderung der ursprünglichen Planung ein Haftungsrisiko für sie bedeutet. Die Abweichungen müssen deshalb mit besonderer Sorgfalt geplant werden. Daneben muss auch ihre Ausführung streng überwacht werden, wenn dies zum beauftragten Pflichtenkreis gehört, da Fehler sonst auf den Architekten zurückfallen.

Für Unternehmer hingegen hat die Entscheidung zur Folge, dass sie weiterhin nicht alleine haften müssen, wenn ein Ausführungsfehler auch auf das Verschulden des Architekten zurückgeht. Sie erhalten deshalb zumindest einen Teil der Kosten für die Mängelbeseitigung vergütet. In derartigen Fallgestaltungen brauchen Sie sich auch nicht darum zu sorgen, dass eine Änderung auf ihren Vorschlag zurückgeht, da die Übernahme der Planungsverantwortung durch den Architekten sie der alleinigen Verursachungsverantwortung für den Mangel enthebt. Allerdings hat der BGH diese Begünstigung mit den Worten „in einem solchen Fall" eingeleitet, was nahelegt, dass in abweichenden Fallkonstellationen anderes gelten kann. Es erscheint deshalb zumindest zweifelhaft, ob das Urteil z.B. auch auf Sachverhalte übertragbar ist, bei denen ein Unternehmer statt der vorgesehenen Planung eine besondere Speziallösung vorschlägt. 

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