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Beschäftigung von Rentnern – neue Regelung im SGB VI

Viele Arbeitsverträge, Tarifverträge oder Betriebsvereinbarungen enthalten Altersgrenzen, bei deren Erreichen das Arbeitsverhältnis automatisch endet. Nicht immer ist dies auch im Sinne der Arbeitsvertragsparteien, wenn z.B. der Arbeitgeber das Know-how eines älteren Arbeitnehmers über die Altersgrenze hinaus weiter nutzen will. Andererseits lag eine unbefristete Beschäftigung über die Altersgrenze hinaus regelmäßig nicht im Interesse des Arbeitgebers. Eine befristete Weiterbeschäftigung war bislang mit dem Risiko behaftet, ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu begründen, welches dann auch dem allgemeinen Kündigungsschutz unterliegt.

Neuregelung

Bereits am 1. Juli 2014 trat eine neue Regelung zur befristeten Beschäftigung von älteren Arbeitnehmern in Kraft. Der Gesetzgeber hat in § 41 Satz 3 SGB VI folgende Ergänzung aufgenommen:

„Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, ggf. auch mehrfach, hinausschieben.“

In der amtlichen Begründung wird ergänzend ausgeführt: „Mit dem Hinausschieben des Beendigungszeitpunktes über das Erreichen der Regelaltersgrenze hinaus können Arbeitnehmer und Arbeitgeber bspw. reagieren, wenn eine Nachbesetzung der entsprechenden Stelle nicht nahtlos erfolgen kann. Auch können Arbeitnehmer laufende Projekte mit ihrer Sachkunde erfolgreich zum Abschluss bringen oder neu eingestellte, jüngere Kollegen in ihre Tätigkeit einarbeiten.“.

Voraussetzungen

Verlangt wird zunächst, dass eine zwischen den Parteien vereinbarte oder kollektivrechtliche geltende Altersgrenze das Arbeitsverhältnis beenden soll. Wird vor diesem Hintergrund eine befristete Verlängerung angestrebt, muss dazu das Arbeitsverhältnis ohne Unterbrechung über die Altersgrenze hinaus fortgesetzt werden. Die Verlängerungsvereinbarung muss daher vor Erreichen der Altersgrenze getroffen werden. Andernfalls dürfte statt einer Verlängerung ein Neuabschluss vorliegen, der nicht unter den Anwendungsbereich des § 41 Satz 3 SGB VI fällt.

Nicht konkret geregelt ist hingegen, für welchen Zeitraum eine Verlängerung erfolgen darf und wie häufig eine Verlängerung zulässig ist. Da eine Höchstgrenze im Gesetz nicht vorgesehen ist, ist derzeit davon auszugehen, dass eine unbegrenzte Vereinbarung, auch mit unbegrenzt vielen Wiederholungen zulässig ist. Es bleibt insoweit abzuwarten, ob die Rechtsprechung hier Grenzen einzieht.

Die Neuregelung wirft einige Fragen auf, die noch nicht geklärt sind. So ist unklar, ob im Zuge des Hinausschiebens des Beendigungszeitpunktes auch weitere Vertragsänderungen zulässig sind. Hierzu wird z.T. argumentiert, dass nur eine reine Zeitverlängerung zulässig sei, ohne dass inhaltliche Änderungen, z.B. hinsichtlich der Arbeitszeit oder des Arbeitsentgelts vorgenommen werden dürften. Dies entspreche der derzeitigen Rechtsprechung zu der Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Vertrages gemäß § 14 Abs. 2 TzBfG.
 
Anmerkungen

Die Neuregelung ist zu begrüßen, da sie ein häufiges Problem der betrieblichen Praxis betrifft. Derzeit sind viele Fragen allerdings noch ungeklärt, so dass eine sorgfältige Prüfung im Einzelfall erforderlich bleibt. Darüber hinaus besteht bereits Streit um die Wirksamkeit der Neuregelung. Zum Teil wird die Vorschrift als unionsrechtswidrig angesehen, weil sie eine Benachteiligung wegen des Alters darstelle und beliebig häufige Verlängerungen mit beliebiger Dauer möglich seien. Ob dieser Einwand zutreffend ist, werden ggf. das Bundesarbeitsgericht und der EuGH klären müssen. Bis zu diesem Zeitpunkt besteht leider eine Rechtsunsicherheit. Für die befristete Fortsetzung gibt es bis dahin aber jedenfalls eine gesetzliche Regelung, auf die sich die Parteien berufen können.

Eine bei oder nach Erreichen des Renteneintrittsalters getroffene Vereinbarung über die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, die nicht in den Anwendungsbereich des § 41 Satz 2 SGB VI fällt, bedarf dagegen auch nach der neueren Rechtsprechung des BAG (11.02.2015 – 7 AZR 17/13) eines sachlichen Grundes nach § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG.

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