Gerhard Manz, Gesellschaftsrechtsven ufe tjarks gesellschaftsrecht.jpg

Aktienrecht: Aufsichtsrat muss bei Verträgen mit Vorstand über alle wesentlichen Vertragspunkte beschließen

Bei Verträgen mit dem eigenen Vorstand wird eine Aktiengesellschaft (AG) von ihrem Aufsichtsrat vertreten (§ 112 AktG). Dabei können zwar die Vertragsverhandlungen einem einzelnen Aufsichtsratsmitglied überlassen werden, der Aufsichtsrat muss dem Vertragsschluss sowie allen wesentlichen Vertragspunkten aber ausdrücklich zustimmen. So entschied das OLG München mit Urteil vom 05.03.2015.

Die Entscheidung

Eine AG hatte mit einem Vorstandsmitglied einen notariellen Kaufvertrag über Geschäftsanteile an einer GmbH, die von diesem Vorstandsmitglied gehalten wurden, geschlossen. Beim Abschluss des notariellen Kaufvertrages war die AG von zwei Aufsichtsratsmitgliedern vertreten worden. Dies erfolgte nach einem Beschluss des Aufsichtsrates, wonach diese Mitglieder „zur Unterzeichnung des Verkaufs bzw. der Abtretung der Anteile des H. an der F. GmbH an die A. AG berechtigt" seien.

Die AG wollte später nicht an dem Vertrag festhalten und stellte sich auf den Standpunkt, dass sie nicht wirksam vertreten worden sei. In einem ersten Prozess, in dem das ehemalige Vorstandsmitglied auf Zahlung des Restkaufpreises geklagt hatte, hatte ein anderer Senat des OLG München den Anspruch mit der Begründung abgelehnt, es fehle mangels ausreichenden Aufsichtsratsbeschlusses an einem wirksamen Kaufvertrag (OLG München, Urteil vom 19.12.2012, 7 U 1711/12). Der Beschluss sei nicht eindeutig und könne auch als bloße Berechtigung der beiden Aufsichtsratsmitglieder zum Handeln als Erklärungsvertreter verstanden werden. Dies reiche jedoch nicht aus, da der Umfang der Verpflichtung der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Vollmachterteilung noch nicht feststand.

Anschließend hatte die AG gegen das ehemalige Vorstandsmitglied in einem neuen Prozess auf Rückzahlung der ersten Kaufpreisrate geklagt. Der jetzt zur Entscheidung berufene Senat des OLG München beurteilte den Sachverhalt anders (Urteil vom 05.03.2015, 23 U 2384/14). Dem Senat genügte der Aufsichtsratsbeschluss für eine wirksame Vertretung i.S.v. § 112 AktG - allerdings nur deshalb, weil dem Aufsichtsrat bei der Beschlussfassung der Vertragsentwurf bereits vorgelegen hatte und bis zum Abschluss des notariellen Vertrages jedenfalls keine wesentlichen Vertragspunkte mehr geändert wurden. Der Senat legte den - insoweit unpräzise formulierten - Beschluss des Aufsichtsrats vor diesem Hintergrund so aus, dass er über den Kaufvertrag selbst bzw. zumindest dessen wesentliche Bestandteile gefasst wurde und nicht nur eine Bevollmächtigung der beiden Aufsichtsratsmitglieder enthielt.

Praxishinweis

Der jetzt entscheidende Senat des OLG München bestätigt zunächst die Rechtsprechung, wonach der Aufsichtsrat als Gremium über alle wesentlichen Punkte eines Vertrages mit einem Vorstandsmitglied beschließen muss, lässt aber zugleich eine Auslegung eines insoweit unklaren Beschlusses anhand äußerer Umstände zu. Wie das Urteil des über den Restkaufpreis entscheidenden Senats des OLG München zeigt, sollte man sich jedoch auf eine solche Auslegungsmöglichkeit nicht verlassen, zumal die Beweislage hinsichtlich der äußeren Umstände später schwierig sein kann. Daher sollte im Aufsichtsratsbeschluss klar zu Ausdruck kommen, dass der Aufsichtsrat dem konkreten Vertragsschluss zustimmt. Nach Möglichkeit sollte dem Protokoll über den Aufsichtsratsbeschluss ein Entwurf des Vertrages beigefügt werden, auf das Bezug genommen wird. Gibt es im Vertragsentwurf noch offene Punkte, sollte der Aufsichtsrat auch dazu zumindest gewisse Vorgaben machen und zugleich klarstellen, dass es sich dabei aus Sicht des Aufsichtsrates nicht um wesentliche Vertragspunkte handelt.

§ 112 AktG findet außer bei Aktiengesellschaften auch Anwendung auf die Vertretung der KGaA gegenüber den Komplementären sowie bei der mitbestimmten GmbH und der SE, sofern diese einen Aufsichtsrat hat. Für Genossenschaften enthält § 39 Abs. 1 S. 1 GenG eine entsprechende Vorschrift. Bei mitbestimmungsfreien GmbH kann die Satzung Abweichendes regeln. Ansonsten gilt auch hier die Zuständigkeit des (fakultativen) Aufsichtsrats.

Kontakt > mehr