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Im anglo-amerikanischen Rechtskreis gilt traditionell die "ultra vires"-Lehre. Danach ist die Rechtsfähigkeit von juristischen Personen auf ihre jeweiligen Aufgaben und Zwecke beschränkt. Geschäfte, die außerhalb des Unternehmensgegenstands abgeschlossen werden, sind nichtig. Im deutschen Recht ist die Lage anders: Die Rechts- und Handlungsfähigkeit von Unternehmen ist nicht auf den vertraglich definierten Gegenstand beschränkt. Auch die Vertretungsmacht der Organe (Geschäftsführung oder Vorstand) ist grundsätzlich unbeschränkt. Hintergrund ist die Überlegung, dass der Schutz des Geschäftsverkehrs schwerer wiegt als der Schutz der Gesellschafter.

Das bedeutet jedoch nicht, dass der in der Satzung festgelegte Unternehmensgegenstand bei einer deutschen AG oder GmbH irrelevant wäre. Er bindet intern die Unternehmensleitung: Betreiben Vorstände oder Geschäftsführer Geschäfte, die vom Unternehmensgegenstand nicht gedeckt sind, verletzen sie ihre Pflichten gegenüber der Gesellschaft und haften für dadurch verursachte Schäden. Erlaubt sind allerdings Hilfsgeschäfte zur Förderung des eigentlichen Unternehmensgegenstandes; das wird häufig auch ausdrücklich in der Satzung klargestellt.

Schwierig ist oft die Abgrenzung, was noch Hilfsgeschäft ist und was nicht mehr. Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass der Vorstand einer Hypothekenbank, der Zinsderivategeschäfte in das eigentliche Hypothekengeschäft weit übersteigendem Maße betrieb, damit den Unternehmensgegenstand überschritten hat (BGH, Urteil vom 15.01.2013, Az. II ZR 90/11). Folge: er haftet persönlich für den daraus entstehenden Schaden. Unternehmensleiter sollten daher den in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand im Blick behalten. Bei Geschäften, die im Randbereich liegen, sollte vorsorglich die Zustimmung der Gesellschafter eingeholt werden, und bei dauerhaften Verschiebungen, z.B. durch Marktveränderungen, ist eine Satzungsänderung erforderlich.

Dr. Barbara Mayer

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