Neue EU-Medizinprodukteverordnung: Verschärfte Kontrolle, aber keine zentrale Zulassung

Das EU-Parlament hat am 22.10.2013 über die von der EU-Kommission vorgelegten Vorschläge für eine Medizinprodukteverordnung abgestimmt. Viele Vorschläge der Kommission - etwa zur Rückverfolgbarkeit, Wiederaufbereitung und besseren Kontrolle - wurden angenommen. Eine zentrale EU-Behörde, die Zulassungen vergeben soll, wurde jedoch weder von der Kommission, noch vom Parlament für erforderlich gehalten.

Die Vorschläge der Kommission

Die EU-Kommission hatte bereits am 26.09.2012 ihre Entwürfe für eine neue Medizinprodukte-Verordnung und eine neue Verordnung über In-Vitro-Diagnostika vorgestellt, die die bestehenden Medizinprodukte-Richtlinien (90/385/EWG, 93/42/EWG und 98/79/EG) ersetzen sollen. Die Verordnungen sind - im Unterschied zu den bislang geltenden Richtlinien - direkt anwendbar und bedürfen daher nicht mehr der Umsetzung durch Gesetze der Mitgliedstaaten. Außerdem würde die EU-Kommission die Überwachung, die bislang rein nationale Angelegenheit ist, teilweise selbst übernehmen. Einzelheiten haben wir bereits in unserem letzten Beitrag hierzu beschrieben.

Bessere Kontrollen bei medizinischen Implantaten

Das Europäische Parlament hat am 22.10.2013 die Vorschläge der Kommission zu einer verschärften Überwachung von Medizinprodukten und -herstellern angenommen. Insbesondere sollen künftig die Benannten Stellen nachweisen müssen, dass in ihren Reihen ausreichend medizinische Expertise vorhanden ist, um die fraglichen Produkte zu prüfen. Außerdem müssen die Benannten Stellen unangemeldete Kontrollen durchführen und die Übereinstimmung von Endprodukten und Rohstoffen prüfen. Diejenigen Benannten Stellen, die Hochrisikoprodukte (etwa Implantate) prüfen,  sollen künftig direkt von der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) in London ausgewählt und beaufsichtigt werden.

Die Kommission behält sich außerdem das Recht vor, durch einen neu geschaffenen Ausschuss Hochrisikoprodukte zu prüfen und gegebenenfalls den Marktzugang zu verweigern. Insofern werden die Befugnisse nationaler Stellen beschnitten. Auch das Parlament hat jedoch nicht die Absicht, eine der amerikanischen FDA ähnliche zentrale „Superbehörde" einzuführen und die bürokratischen Anforderungen für Medizinproduktehersteller zu weitgehend zu erhöhen.

Die geplante Verordnung bezweckt, die bestehenden Unterschiede beim Vollzug der geltenden Vorschriften zu beseitigen. Dies wird voraussichtlich dazu führen, dass Medizinproduktehersteller in anderen Ländern, die teilweise wegen geringeren Prüfungen in der Praxis bislang einen Wettbewerbsvorteil gegenüber deutschen Medizinprodukteherstellern hatten, in Zukunft gleich gut kontrolliert werden. Dies ist eine gute Nachricht für die deutschen Hersteller von Medizinprodukten, da hierzulande bereits ein hohes Kontroll- und Qualitätsniveau besteht.

Rückverfolgbarkeit   

Auch sollen ein System der Rückverfolgbarkeit von Medizinprodukten und ein Implantatpass eingeführt werden. Auf diese Weise werden Patienten sich über ihre Produkte informieren können und wird sichergestellt, dass der Hersteller die Patienten im Falle von Produktproblemen erreicht.

Einweg-Medizinprodukte

Der Verordnungsentwurf sieht zudem vor, dass Personen und Einrichtungen, die Einweg-Medizinprodukte aufbereiten (bspw. erneut desinfizierte Zangen), für deren Wiederverwendung haftbar gemacht werden können. Die Kommission soll außerdem berechtigt sein, eine Liste mit denjenigen Produkten zu erstellen, die nicht wiederaufbereitet werden dürfen.

Zwischenfazit

Zwar wird es zu höheren Kosten für die Medizinproduktehersteller kommen, wenn einzelne Produkte in eine andere Produktklasse eingeordnet werden, was auf Grund der Kommissionsentwürfe zu erwarten ist. Deutsche Hersteller können jedoch insoweit zunächst einmal „aufatmen", da die Zulassungskosten voraussichtlich nicht zu sehr steigen werden.

Wie geht es weiter?

Ende November trifft sich die Arbeitsgruppe, die für den Ministerrat die vorgeschlagene Medizinprodukteverordnung erörtert. Danach wird die Vorlage an den Europäischen Rat weitergeleitet. Die Position des Rates, in dem alle Mitgliedstaaten vertreten sind, ist derzeit noch nicht einheitlich. Einzelne Abgeordnete fordern, die neuen Vorschriften müssten noch vor der Europawahl im Mai 2014 verabschiedet werden. Ob dieses Ziel erreicht werden kann, bleibt abzuwarten.

Dr. Barbara Mayer, Dr. Hendrik Thies, Dr. Jan Henning Martens

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