Umfangreiche Außenstände sind für Unternehmen in mehrfacher Hinsicht unangenehm. Neben dem Zinsverlust, für den häufig keine Kompensation zu erlangen ist, und dem fehlenden Geldfluss für die Begleichung eigener Verbindlichkeiten oder für Investitionen steht dabei vor allem die Furcht vor einer möglichen Insolvenz des Vertragspartners im Vordergrund. Doch nicht nur unbezahlte Rechnungen stellen im Insolvenzfall des Schuldners ein Risiko dar, wie folgende Beispiele zeigen:

1. Wahlrecht des Insolvenzverwalters

Wird über das Vermögen des Vertragspartners ein Insolvenzverfahren eröffnet, bevor ein Vertrag durchgeführt ist, wollen sich viele Unternehmen am liebsten von dem bereits eingegangenen Vertrag lösen. Die Entscheidung, ob ein Vertrag durchgeführt wird, steht dann jedoch dem Insolvenzverwalter zu. Eine Entgeltforderung des Vertragspartners ist bei Durchführung des Vertrages zwar vor den Forderungen der Insolvenzgläubiger privilegiert, darauf wollen sich aber viele Unternehmen nicht verlassen. In vielen Allgemeinen Geschäftsbedingungen findet sich daher eine Klausel, dass der Rücktritt vom Vertrag erklärt werden kann, wenn über das Vermögen des Vertragspartners das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Solche Klauseln hat der Bundesgerichtshof jedoch Ende letzten Jahres jedenfalls in fortlaufenden Lieferverträgen für ungültig erklärt (BGH, Urteil vom 15.11.2012, IX ZR 169/11). Dem Insolvenzverwalter müsse das Wahlrecht verbleiben, ob er einen solchen Vertrag durchführen will oder nicht, damit das insolvente Unternehmen saniert werden kann. AGB-Klauseln müssen das Rücktrittsrecht daher an andere Gründe knüpfen, etwa bereits im Vorfeld einer Insolvenz an einen langen Zahlungsverzug bei anderen Geschäften.

2. Insolvenzanfechtung

Doch selbst wenn ein Vertrag durchgeführt und die wechselseitigen Leistungen ausgetauscht sind, kann die Insolvenz des Vertragspartners sich noch nachteilig auswirken. Nach dem geltenden Insolvenzrecht können Leistungen noch nach bis zu zehn Jahren vom Insolvenzverwalter zurückgefordert werden, wenn der später insolvente Unternehmer damit seine übrigen Gläubiger benachteiligen wollte und sein Vertragspartner diesen Vorsatz kannte. Die Rechtsprechung ist dabei streng und hilft den Insolvenzverwaltern beim Beweis des Vorsatzes. Dieser wird nämlich vermutet, wenn der Leistungsempfänger von der drohenden Zahlungsunfähigkeit und von der objektiv gegebenen Benachteiligung anderer Gläubiger ihm gegenüber wusste. Dabei genügt bereits die Kenntnis von Umständen, aus denen eine drohende Zahlungsunfähigkeit geschlossen werden kann. Diese Kenntnis wird zum Beispiel bei nachträglicher Vereinbarung von Ratenzahlung angenommen. Leicht wird der Nachweis für den Insolvenzverwalter, wenn er in den Unterlagen beispielsweise Schreiben von Lieferanten findet, in denen diese unter Hinweis auf ihnen bekannt gewordene finanzielle Schwierigkeiten des späteren Insolvenzschuldners eine Lieferung nur noch gegen Zahlung aller Altforderungen und künftiger Vorkasse ankündigen. Die vermeintlich sicherste Lösung erweist sich so im Insolvenzfall als nachteilig. Die Koppelung von Zahlungsausgleich und Vorkasse ist besonders anfechtungsgefährdet. Die reine Vorkasse bei zeitnaher und - wichtig - wertentsprechender Sachlieferung ist und bleibt aber der sicherste Weg für das laufende Geschäft in Kenntnis einer Krise, weil sie objektiv für die spätere Masse des Schuldners keinen Nachteil bildet. Liegt kein Nachteil vor, scheidet auch jede Anfechtung aus.

Dr. Frank Büchler, Dr. Sven Ufe Tjarks

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