Die in einem Liefervertrag vereinbarten Incoterms (Standard-Lieferklauseln der Internationalen Handelskammer in Paris) legen den Erfüllungsort der Lieferung fest und bestimmen dadurch auch den Gerichtsstand des Erfüllungsortes nach § 29 ZPO. Dies hat der Bundesgerichtshof jetzt für die Klausel DDP („geliefert verzollt") entschieden (BGH, Urteil vom 07.11.2012, Az. VIII ZR 108/12).

Der BGH folgt damit der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs zum Gerichtsstand des Lieferorts gemäß Art. 5 Nr. 1 b) EuGVO (EuGH, Urteil vom 09.06.2011, Az. C 87/10, Electrosteel Europe SA ./. Edil Centro SpA). Während die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVO) den Gerichtsstand für Streitigkeiten zwischen Parteien aus EU-Ländern regelt, gilt § 29 ZPO bei rein innerdeutschen Sachverhalten. Außerdem ziehen die deutschen Gerichte die Vorschrift bei Klagen von oder gegen Parteien aus dem außereuropäischen Ausland heran. Noch ein weiterer Unterschied besteht zur EuGVO: Während der Lieferort nach der EuGVO den Gerichtsstand einheitlich für alle Klagen aus dem Lieferverhältnis bestimmt, gibt es im Rahmen des § 29 ZPO für jede Pflicht einen eigenen Erfüllungsort und damit u.U. unterschiedliche Gerichtsstände. Wo der Erfüllungsort für die jeweilige Pflicht liegt, bestimmt sich nach dem anzuwendenden materiellen Recht. Im vom BGH entschiedenen Fall einer Lieferung von Südkorea nach Deutschland war dies das UN-Kaufrecht (CISG). Danach ist die Schadensersatzpflicht bei mangelhafter Lieferung ebenfalls am Ort der Lieferung zu erfüllen. Die deutsche Kundin konnte ihre südkoreanische Lieferantin deshalb in Deutschland auf Schadensersatz verklagen, weil im Vertrag die Lieferung „DDP (Incoterms 2010) Cologne" (Köln) vereinbart war.

Im Auslandsgeschäft kann der Klageort ausschlaggebend dafür sein, ob sich die Geltendmachung von Ansprüchen wirtschaftlich überhaupt lohnt. Daher ist stets eine ausdrückliche Vereinbarung über den Gerichtsstand zu empfehlen. Das gilt umso mehr, wenn man dem Vertragspartner entgegen kommt und im Vertrag eine Lieferklausel mit Lieferort in dessen Heimatland akzeptiert. Doch auch mit einer wirksamen Gerichtsstandvereinbarung ist die Durchsetzung von Ansprüchen außerhalb der EU noch nicht gewährleistet. Denn nicht überall auf der Welt sind deutsche Urteile als Vollstreckungstitel akzeptiert. Hier kann eine Schiedsklausel vorzugswürdig sein, denn manche dieser Staaten haben sich immerhin verpflichtet, Schiedsurteile (auch aus Deutschland) anzuerkennen.

Dr. Hendrik Thies, Dr. Sven Ufe Tjarks

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