Anfechtung und Geschäftsführerhaftung für Zahlungen an GmbH-Gesellschafter

Sowohl nach altem (bis 2008 geltendem) Recht als auch nach neuem Recht können Darlehensrückzahlungen bzw. Zinszahlungen, die die GmbH in der Krise an ihre Gesellschafter leistet, anfechtbar sein. Hier besteht ein erhebliches Haftungsrisiko für Geschäftsführer nach den §§ 43 Abs. 3 oder 64 GmbHG.

Der BGH hatte kürzlich einen nach altem Recht zu beurteilenden Fall zu entscheiden (BGH II ZR 39/12 vom 24.09.2013). Hier hatte eine GmbH an einen atypischen stillen Gesellschafter Zinszahlungen auf sein Darlehen geleistet, die die Insolvenzverwalterin unter Berufung auf die Eigenkapitalersatzregelungen nach altem GmbH-Recht (vor Inkrafttreten des MoMiG zum 01.01.2008) zurückforderte. Das alte Recht war anwendbar, weil der Insolvenzantrag der Gesellschaft vor dem Inkrafttreten des MoMiG gestellt wurde.

Das Eigenkapitalersatzrecht nach alter Rechtslage (bis 2008)

Das Eigenkapitalersatzrecht war im alten GmbH-Recht in den §§ 32a, 32b GmbHG alte Fassung verankert. Dem zu Grunde lag der Gedanke Geld, das die Gesellschafter der Gesellschaft in der Krise in Form von Fremdkapital zur Verfügung stellten, in Eigenkapital umzuqualifizieren. Denn die Gesellschafter sollten sich in der Krise der Gesellschaft entscheiden, ob sie Eigenkapital zuführen oder die Gesellschaft liquidieren. Diesen Grundsatz bezeichnete die Rechtsprechung und Literatur als „Finanzierungsfolgenverantwortung" der Gesellschafter. Zweck war letztlich, die Haftungsmasse der GmbH zu erhalten, um so die Gläubiger zu schützen. Betroffen waren Auszahlungen an Gesellschafter und an Dritte, wenn ihre Rechtshandlungen der Darlehensgewährung „wirtschaftlich entsprechen" (§ 32 a Abs. 3 GmbHG a.F.).

Austritt bannt Risiko nicht

Auch ein Gesellschafter, der nach Stellung des Insolvenzantrages aus der Gesellschaft ausscheidet, ist nicht vor Anfechtungen gefeit. Nach dem Ausscheiden eines Gesellschafters an diesen erbrachte Zahlungen unterliegen nämlich dann den Eigenkapitalersatzregelungen, wenn zum Zeitpunkt des Ausscheidens die Krise schon bestand und der Gesellschafter dies erkannte. Die Anforderung an die Kenntnis von der Krise sind dabei sehr gering: Die Erkennbarkeit wird grundsätzlich als gegeben angesehen. Der für die Finanzierung der Gesellschaft Verantwortliche, so der BGH, müsse von sich aus sicherstellen, dass er über die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft informiert ist, insbesondere über den Eintritt einer Krise.

Atypischer stiller Gesellschafter

Diesen Grundsatz wendete der BGH in der Entscheidung vom 24.09.2013 auf einen atypischen stillen Gesellschafter an. Grundsätzlich sind stille Gesellschafter nicht von den §§ 32a und 32 b GmbHG a.F. umfasst. Anders ist dies, wenn der stille Gesellschafter die Geschicke des Unternehmens mitbestimmt und am Vermögen oder Ertrag der Gesellschaft beteiligt ist. So lag es im zu entscheidenden Fall: an Gewinn und Verlust der Gesellschaft war er mit 90 - 95 % beteiligt. Aufgrund von Bevollmächtigungen war er bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Lage, die Geschicke der GmbH mitzubestimmen. Das Wegfallen der Vollmachten stellte der BGH dem Ausscheiden eines Gesellschafters gleich. Daher komme es darauf an, ob im Zeitpunkt des Wegfalls der Vollmachten die Krise bestand und für den atypischen stillen Gesellschafter erkennbar war.

Neue Rechtslage (seit 2008): das Risiko bleibt

Mit der grundlegenden Reform des GmbH-Rechts im Jahr 2008 (MoMiG) wurden die §§ 32 a, 32 b GmbHG alte Fassung abgeschafft. Dem neuen § 30 Abs. 1 GmbHG wurde ein Satz angefügt: § 30 GmbHG gilt nicht (mehr) für die Rückgewähr von Gesellschafterdarlehen und Leistungen auf Forderungen aus Rechtshandlungen, die einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechen. Diese Zahlungen werden nun über das Insolvenz- und Anfechtungsrecht abgewickelt, wodurch der Gesellschafter als Darlehensgeber dem Dritten als Darlehensgeber gleichgestellt wird. Im Unterschied zur Rechtslage vor 2008 können Gesellschafterdarlehen also nicht mehr gem. §§ 30, 31 GmbHG zurückverlangt werden, sondern nach den Anfechtungsregeln des Insolvenzrechts. Die Entscheidung des BGH bezog sich auf Zinszahlungen. Zur Frage, ob Zinszahlungen nach dem neuen GmbH-Recht das Schicksal der Darlehensforderung teilen, also von § 30 Abs. 1 GmbHG n.F. erfasst sind, und über das Anfechtungs- und Insolvenzrecht abgewickelt werden, gibt es noch keine höchstrichterlichen Entscheidungen. Sollte dies nicht der Fall sein, bleiben sie jedoch auch nach dem neuen GmbH-Recht nach §§ 30 und 31 GmbHG zurück zu erstatten.

Geschäftsführer in der Haftung

Für den Geschäftsführer der GmbH in der Krise, der Zahlungen veranlasst, gilt besondere Vorsicht: Geschäftsführer haften gem. § 43 Abs. 3 GmbHG für Zahlungen, die entgegen § 30 GmbHG geleistet wurden. Für Zahlungen, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Feststellung der Überschuldung geleistet wurden, haften Geschäftsführer nach § 64 GmbHG.

Dr. Stefan Lammel, Iris Jachmann-Rey

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