Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen: Ist die Zinsschranke verfassungsgemäß?

Zinsaufwendungen eines Betriebs sind grundsätzlich nur abzugsfähig (i) in Höhe der Zinserträge und (ii) darüber hinaus i.H.v. maximal 30% des EBITDA (§§ 4h EStG, 8a KStG, sog. Zinsschranke). Ausnahmen gelten für Konzerne mit annähernd gleichmäßiger Eigenkapitalquote sowie für Betriebe mit einer saldierten Zinslast von unter 3 Mio. EUR (§ 4h Abs. 2 EStG). Über diesen Freibetrag hinausgehende Zinsaufwendungen können nur vorgetragen werden.

Sinn der Zinsschranke ist es zu verhindern, dass Konzerne mittels konzerninterner Fremdkapitalfinanzierung Erträge ins Ausland transferieren und so das Steuersubstrat aus Deutschland abziehen. Die Frage, ob die Zinsschranke verfassungsgemäß ist, wurde bislang nicht abschließend beantwortet. Einige Finanzgerichte (u.a. Baden-Württemberg) bejahen sie, andere verneinen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat Zweifel angemeldet, aber noch nicht entschieden.

In einem Verfahren über vorläufigen Rechtsschutz hat nun auch das FG Münster Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke deutlich gemacht. Diese durchbreche das „objektive Nettoprinzip", wonach Ausgaben grundsätzlich den Ertrag in dem Jahr mindern müssen, in dem sie anfallen. Auch sei die Zinsschranke unklar formuliert und verstoße gegen die Eigentumsgarantie sowie die europarechtliche Niederlassungsfreiheit. Trotz dieser Bedenken setzte das FG den Steuerbescheid nicht von der Vollziehung aus, weil er für das betroffene Unternehmen nicht existenzgefährdend sei. Beim vorläufigen Rechtsschutz gelten nämlich für die Nicht-Anwendung verfassungswidriger Gesetze strenge Regeln. So deutlich und ausführlich, wie das FG seine Zweifel formuliert hat, wird es aber im Hauptsacheverfahren das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einschalten, so dass die Verfassungsmäßigkeit der Zinsschranke geklärt werden kann.

Betriebe sollten bis dahin prüfen, ob sie gegen einen unter Anwendung der Zinsschranke erlassenen Steuerbescheid vorgehen. Endgültige Klärung wird erst das BVerfG bringen.

Dr. Albert Schröder, Dr. Jan Henning Martens

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