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Ein Handelsvertreter hat bei Vertragsende grundsätzlich einen Ausgleichsanspruch für den von ihm geworbenen Kundenstamm. Der Anspruch kann bis zu einer Jahresprovision betragen und im Vertrag nicht wirksam ausgeschlossen werden. Häufig wird der Ausgleichsanspruch vertraglich auf den nachfolgenden Vertreter abgewälzt. Das ist zulässig, solange der Nachfolger dadurch nicht sittenwidrig belastet wird. So kann ein Teil der Provision des neuen Handelsvertreters einbehalten werden, um den Ausgleichsanspruch seines Vorgängers zu bedienen. Der Nachfolger kann die Ausgleichspflicht auch unmittelbar übernehmen, etwa durch Schuldbeitritt oder - mit Zustimmung des alten Vertreters und erst nach Vertragsende - Schuldübernahme.

Wirtschaftlich in die gleiche Richtung geht die Vereinbarung einer Einstandszahlung mit dem neuen Handelsvertreter: der „Neue" zahlt einen bestimmten Betrag dafür, dass er Stammkunden übernehmen kann. Diese Einstandszahlung wird dann vom Hersteller dazu verwendet, den Ausgleichsanspruch des bisherigen Handelsvertreters zu bedienen.

Häufig wird vereinbart, dass die übernommenen Kunden, für die der neue Handelsvertreter eine Einstandszahlung geleistet hat, bei der späteren Berechnung seines Ausgleichsanspruchs als neue gewonnene Kunden mitzählen sollen. Der Handelsvertreter hat die Kunden gleichsam „gekauft" und kann sie später wieder „verkaufen". Das OLG Düsseldorf (Urteil vom 15.11.2012, Az. I-16 U 47/11) hat jüngst entschieden, dass übernommene Stammkunden auch dann für den Ausgleichsanspruch zu berücksichtigen sind, wenn der Handelsvertreter die vereinbarte Einstandszahlung bei Vertragsende noch nicht voll beglichen hat. Er muss den Restbetrag aber innerhalb eines Jahres nachzahlen.

Dr. Hendrik Thies

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