In der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift PHi Haftpflicht international / Recht & Versicherung haben unsere auf Haftungs- und Versicherungsrecht spezialisierten Kölner Kollegen Prof. Dr. Tobias Lenz und Mike Weitzel zu zwei brisanten Entscheidungen des BGH (Beschluss v. 21.09.2011 - IV ZR 38/09 - und Beschluss vom 09.11.2011 - IV ZR 40/09 -) und zu ihren Auswirkungen auf die D&O-Versicherung publiziert.

Der für Versicherungsrecht zuständige IV. Zivilsenat des BGH hatte zur Frage der Wirksamkeit von Verzichtsklauseln in Versicherungsverträgen Stellung genommen. Der BGH stellte fest, dass der Versicherer nicht im Voraus auf das ihm gesetzlich nach den §§ 123, 142 Abs. 1 BGB eingeräumte Recht auf Anfechtung des Versicherungsvertrags wegen arglistiger Täuschung verzichten könne. Denn der im Voraus erklärte Verzicht auf das Anfechtungsrecht wegen arglistiger Täuschung sei mit dem Schutz der freien Selbstbestimmung unvereinbar und unwirksam, wenn die Täuschung vom Versicherungsnehmer selbst oder von einer Person verübt werde, die nicht „Dritter" i.S.d. § 123 Abs. 2 BGB sei. Entsprechend hatte bereits im Jahre 2007 der für Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat zu einer Klausel in einem Unternehmenskaufvertrag entschieden (BGH, Urteil v. 17. 01. 2007 - VIII ZR 37/06 -).

Die Autoren zeigen zunächst auf, dass die vorgenannten Erwägungen des BGH, die sich zu einer als Versicherung für fremde Rechnung ausgestalteten „Valorenversicherung" verhalten haben, auf die D&O-Versicherung zu übertragen sein dürften. Denn auch bei der D&O-Versicherung, bei der es sich ebenfalls um eine Versicherung für fremde Rechnung handelt, stellt sich die Frage, wer „Dritter" im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ist. „Dritter" im Sinne des § 123 Abs. 2 BGB ist grundsätzlich nur der am Geschehen Unbeteiligte. „Dritter" ist mithin im Regelfall nicht, wer im Lager des Erklärungsempfängers steht oder als dessen Vertrauensperson erscheint. Versicherte Personen eines D&O-Versicherungsvertrages sind im Hinblick auf die Rechtsprechung des BGH gerade keine „Dritten" im Sinne von § 123 Abs. 2 BGB. Denn sie stehen ebenso wie die am Vertragsschluss unmittelbar Beteiligten zunächst im Lager des den Versicherungsschutz verhandelnden Unternehmens. Sie sind die Begünstigten des D&O-Versicherungsvertrages; Ansprüche auf Versicherungsschutz können grundsätzlich nur durch die jeweilig betroffenen Versicherten geltend gemacht werden, § 44 Abs. 1 VVG. Demnach könnten in der Tat Anfechtungsverzichtsklauseln zu Gunsten der versicherten Person auch in D&O-Versicherungsverträgen von der höchstrichterlichen Rechtsprechung für unwirksam erachtet werden.

Die Konsequenzen wären erheblich: Die Unwirksamkeit der Verzichtsklausel entfaltet - und hierin ist die eigentliche Bedeutung der Beschlüsse des IV. Zivilsenats zu sehen - Wirkung auch gerade gegenüber den im Rahmen der Versicherung für fremde Rechnung am eigentlichen Vertragsschluss regelmäßig gar nicht beteiligten, redlichen versicherten Personen. Denn der Versicherer - so der BGH - sei der Willkür des Täuschenden ausgeliefert und seiner freien Selbstbestimmung beraubt, so dass der durch § 123 BGB bezweckte Schutzzweck ins Leere ginge, wenn dem Versicherer die Berufung auf eine Arglistanfechtung gegenüber den Versicherten verwehrt bliebe. Ausgehend von der Unwirksamkeit derartiger Verzichtsklauseln auch in D&O-Versicherungsverträgen beschäftigen sich die Autoren sodann mit Lösungsmöglichkeiten.

Den vollständigen Aufsatz finden Sie in PHi Haftpflicht international - Recht & Versicherung Nr. 4/2012, S. 122 ff.

Prof. Dr. Tobias Lenz, Mike Weitzel

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