Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in einem Übernahmevertrag, das dem verpflichteten Zahnarzt untersagt, im Umkreis von 9 km und innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren über gelegentliche Vertretungen hinaus eine zahnärztliche Tätigkeit aufzunehmen, ist wirksam. Wenn als Vertragsstrafe für einen Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot die Rückerstattung des Großteils des Kaufpreises vereinbart ist, kann das Gericht die verwirkte Strafe herabsetzen.

Hintergrund

Nachvertragliche Wettbewerbsverbote in Unternehmenskaufverträgen schützen den Käufer vor der illoyalen Ausnutzung der während der Gesellschaftszugehörigkeit erworbenen Informationen und Kontakte durch den Verkäufer. Allerdings muss die Verbotsklausel bestimmte zeitliche, örtliche und gegenständliche Grenzen beachten. Andernfalls ist sie wegen Sittenwidrigkeit (oder bei größeren Unternehmen auch wegen eines Kartellverstoßes) nichtig. Auch eine vereinbarte Vertragsstrafe muss angemessen sein, sonst kann sie gerichtlich herabgesetzt werden.

Zu einer solchen Reduzierung sah sich das OLG Koblenz in einer jüngeren Entscheidung veranlasst. In diesem Fall hatten die Kläger die Zahnarztpraxis des Beklagten übernommen. Der Übernahmevertrag sah ein Wettbewerbsverbot vor, das dem beklagten Zahnarzt untersagte, innerhalb von zwei Jahren nach dem Übernahmezeitpunkt im Umkreis von 9 km Luftlinie vom Praxissitz eine zahnärztliche Tätigkeit auszuüben. Lediglich eine gelegentliche Vertretung eines Kollegen in diesem Gebiet war gestattet. Im Fall einer Zuwiderhandlung sollte der ideelle Praxiswert i.H.v. 210.000 EUR, der den Großteil des Kaufpreises für die Zahnarztpraxis ausmachte, zurückerstattet werden.

Der beklagte Zahnarzt übernahm vor Ablauf der Zweijahresfrist eine mehrere Monate andauernde Vertretung in einer anderen zahnärztlichen Gemeinschaftspraxis innerhalb des Sperrgebiets. Er beruft sich darauf, dass das Wettbewerbsverbot nichtig sei. Weder das Landgericht noch das OLG Koblenz folgte dieser Auffassung.

Entscheidung des OLG Koblenz vom 22.02.2012

Das OLG Koblenz hat entschieden, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot wirksam ist. Zur Begründung führt es an, dass die Verbotsklausel sich in zeitlicher, örtlicher und gegenständlicher Hinsicht in einem adäquaten Rahmen halte. Es stelle eine angemessene Gegenleistung des Beklagten für das gezahlte Entgelt dar. Den Kläger müsse ausreichend Zeit gegeben werden, um ungestört ein eigenes Vertrauensverhältnis zu dem übernommenen Patientenkreis aufbauen zu können. Das Gericht verweist zudem darauf, dass es dem Beklagten möglich gewesen sei, innerhalb des Sperrgebiets gelegentlich vertretungsweise tätig zu werden.

Nach Ansicht des OLG Koblenz war jedoch die Höhe der verwirkten Vertragsstrafe nicht angemessen. Die Strafzahlung i.H.v. 210.000 EUR wurde daher auf 50.000 EUR reduziert. Hierbei wurde u.a. berücksichtigt, dass eine konkrete finanzielle Einbuße der Kläger nicht entstanden war. Zudem trägt das Gericht dem Umstand Rechnung, dass die Vertragsstrafe im Zeitpunkt des Urteilserlasses in der ersten Instanz keinen Präventionszweck mehr habe erfüllen können, da die zweijährige Karenzphase bereits abgelaufen war.

Praxishinweise

Das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in dem Übernahmevertrag beachtet die zeitlichen, örtlichen und gegenständlichen Grenzen. Das OLG Koblenz stellt zu Recht darauf ab, dass der Beklagte nicht daran gehindert war, sich in Wahrung eines Abstands von 9 km neu niederzulassen. Damit konnte er bereits näher als die Kläger an diejenigen Patienten heranrücken, die lediglich 5 km von der alten Praxis entfernt wohnten. Auch die sachlichen Grenzen des Wettbewerbsverbots waren nicht verletzt, da es dem Beklagten möglich war, vorübergehend bei einem niedergelassenen Kollegen als Vertreter oder Assistent zu arbeiten.

Lediglich die durch Verletzung des Wettbewerbsverbots verwirkte Vertragsstrafe war nach Auffassung des OLG Koblenz zu hoch. Die vom Landgericht vorgenommene Reduzierung der Vertragsstrafe auf ca. ¼ des ursprünglichen Betrags sah das Gericht zutreffend als angemessen an. Insbesondere wurde berücksichtigt, dass die Vermögensinteressen der Kläger kaum beeinträchtigt worden sind.

In der Praxis bereitet neben der Festlegung der Höhe der Vertragsstrafe meistens die - hier unproblematische - Dauer des Wettbewerbsverbots Schwierigkeiten. Während in der Vergangenheit teilweise auch Zeiträume von bis fünf Jahren akzeptiert worden sind, legen die Gerichte zunehmend einen strengeren Maßstab an und ziehen die Grenze in den meisten Fällen bei zwei Jahren. Lediglich in Einzelfällen mag eine längere Dauer aufgrund besonderer - und vom Erwerber gegebenenfalls nachzuweisender - Gründe gerechtfertigt sein, um den erworbenen Patientenkreis oder Kundenstamm zu konsolidieren.

In gegenständlicher Hinsicht sollte darauf geachtet werden, dass die Verbotsklausel nicht über den jeweiligen Unternehmensgegenstand hinausgeht. Auch die räumlichen Schranken sind nach den Umständen des konkreten Einzelfalls zu bestimmen. Im Zweifel sollte hierbei eher ein kleineres Sperrgebiet in die Klausel aufgenommen werden.

Dr. Hendrik Thies, Dr. Ben Steinbrück

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