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Die Situation ist unerfreulich: Mit dem Verkauf von Neuwagen kann bei vielen Marken kein Geld mehr verdient werden, auch der Gebrauchtwagenmarkt bricht ein und schafft keinen finanziellen Rückhalt. Übrig bleibt das Werkstatt- und Ersatzteilgeschäft, das sich die autorisierten Markenhändler ohnehin schon mit freien Werkstätten teilen müssen. Unmittelbarer Wettbewerber für die Markenhändler sind zudem auch die autorisierten Werkstattbetriebe, die nicht die wirtschaftliche Belastung des Verkaufs von Neufahrzeugen haben.

Für den Hersteller bleibt indes der Verkauf seiner Fahrzeuge die Hauptaufgabe. Durch entsprechende Erhöhung der Margen könnte er dafür Sorge tragen, dass der Handel mit dem Verkauf der Neufahrzeuge wieder Geld verdient und sich somit auch der harten Konkurrenz von autorisierten und nicht autorisierten Werkstätten zur Wehr setzen kann. Das geschieht indes nicht: Stattdessen wird bei verschiedenen Herstellern die Zielsetzung sichtbar, sich von einem Teil der autorisierten Werkstätten zu trennen, damit die Vertriebspartner überleben können. Das soll möglichst umgehend geschehen, wobei die Hersteller in einem doppelten Dilemma stecken: Zum einen gilt eine 2-jährige Kündigungsfrist auch für Serviceverträge, zum anderen kann die Werkstatt nach Ablauf der Kündigungsfrist einen neuen Servicevertrag beanspruchen, wenn sie die vom Hersteller vorausgesetzten Standards erfüllt - so jedenfalls die Auffassung der EU-Kommission.

Folglich bleibt dem Hersteller nur die Wahl, als die autorisierten Servicepartner durch angemessene Entschädigungszahlungen dazu zu motivieren, den Servicevertrag freiwillig und umgehend aufzugeben. Das geschieht derzeit, wobei von den Herstellern vielfach  nicht offen gelegt wird, wie sich denn die angebotene Ausgleichssumme tatsächlich errechnet hat.

Zunächst: Der hier in Rede stehende Ausgleich hat nichts mit dem Ausgleichsanspruch gem. § 89b HGB (Handelsvertreter) zu tun, der bei Beendigung des Vertriebsvertrages in Betracht kommt. Anderes gilt nur dann, wenn für den Ersatzteilbereich ein eigenständiger Vertrieb mit einem eigenständigen Kundenstamm aufgebaut worden ist, der vom Hersteller auch entsprechend abgefragt wurde. Das dürfte aber nicht der Regelfall sein.

Was also ist eine angemessene Kompensation? Im Servicebereich geht es um (Werk-)Dienstleistungen und um den Verkauf von Ersatzteilen. Infolgedessen ist der Bruttoertrag aus beiden Bereichen zugrunde zu legen. Der Bruttoertrag im Servicebereich errechnet sich aus den

  berechneten Monteurstunden
  abzüglich Kosten für produktives Personal.

Der Bruttoertrag für Ersatzteile errechnet sich wie folgt:

  Umsatzerlöse für Teile und Zubehör
  abzüglich der verrechneten Anschaffungskosten der Teile und des Zubehörs.

Als Basis zur Errechnung dieser Bruttoerträge sollte der im Durchschnitt der letzten drei Jahre erzielte Bruttoertrag für Service und Ersatzteile zugrunde gelegt werden.

Es fragt sich nur noch, für welchen Zeitrahmen ein solcher Bruttoertrag als angemessene Kompensation in Ansatz gebracht werden kann. Da die Kündigungsfrist zwei Jahre beträgt, wären in dieser Zeit aller Wahrscheinlichkeit nach auch noch entsprechende Bruttoerträge erwirtschaftet worden. Folglich ist der oben errechnete durchschnittliche Bruttoertrag für zwei Jahre der angemessene Ausgleich.

Allerdings: Wie oben erwähnt, steht dem Servicepartner ggf. der Anspruch zu, einen neuen Servicevertrag nach Ablauf der Kündigungsfrist zu verlangen. Das sollte entsprechend berücksichtigt werden, so dass es empfehlenswert erscheint, als Kompensation für den Verzicht auf einen neuen Servicevertrag einen weiteren Jahresbruttoertrag für Service und Ersatzteile zugrunde zu legen.

Es spricht vieles dafür, dass eine solche Berechnung vom Hersteller nicht vorgenommen wird. Der Servicepartner muss indes so rechnen: Denn das sind die Beträge, die ihm entgehen. Es wird allerdings nicht verkannt, dass gewisse Einschüchterungsversuche von Mitarbeitern der Hersteller (Hinweis auf umfassende Kontrolle und Revision usw.) durchaus dazu dienen, die Abfindungssumme zu Gunsten des Herstellers zu reduzieren - der Stil des miteinander Umgehens hat sich leider in den letzten Jahren nicht gebessert. Selbstbewusstsein und gute Argumente bzw. eine gute, selbst angestellte Rechnung helfen hier aber dem ausscheidungswilligen Servicepartner sicher ein Stück weiter.

Prof. Dr. F. Christian Genzow

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