Der Handelsvertreterausgleich in Europa kann auch durch Vereinbarung eines außereuropäischen Gerichtsstands nicht ausgeschlossen werden (BGH, Beschluss vom 05.09.2012, Az. VII ZR 25/12).

Das Handelsvertreterrecht ist europaweit vereinheitlicht. Danach steht jedem in der EU tätigen Handelsvertreter bei Beendigung des Vertreterverhältnisses ein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung zu. Der Vertreter erhält maximal eine durchschnittliche Jahresprovision auf der Grundlage der letzten fünf Jahre. Dieser Anspruch kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Er gilt nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs auch dann, wenn der Unternehmer seinen Sitz in einem Drittstaat hat und im Handelsvertretervertrag das Recht dieses Staates für anwendbar erklärt wird (s. EuGH, Urteil vom 09.11.2000, C-381/98, Slg. 2000, Bd. I – 9305, Rn. 26 – Ingmar). Entscheidend ist allein, dass der Handelsvertreter in einem EU-Land tätig ist. Der Bundesgerichtshof (BGH, Beschluss vom 05.09.2012, Az. VII ZR 25/12) hat jetzt klargestellt, dass dies auch nicht dadurch umgangen werden kann, dass ein ausschließlicher Gerichtsstand außerhalb Europas vereinbart wird.

Im konkreten Fall galt laut Vertrag das Recht von Virginia, USA; die dortigen Gerichte waren zur Entscheidung von Streitfällen berufen. Das Recht von Virginia kennt keinen Ausgleichsanspruch für Handelsvertreter. Der BGH erklärte die Vereinbarung des Gerichtsstands in Virginia deshalb für unwirksam und ließ die Klage des Handelsvertreters vor deutschen Gerichten zu. Wenn feststeht, dass das nach dem Vertrag zur Entscheidung vorgesehene Gericht den Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nicht anerkennen wird, ist die Gerichtsstandklausel wegen Verstoßes gegen europäisches Recht unbeachtlich, so der BGH. Eine Vorlage der Frage an den EuGH hielt der BGH nicht für nötig.

Die Entscheidung zeigt, wie weit der Schutz der Handelsvertreter in Europa geht. Ihr Anspruch auf Ausgleichszahlung kann vor Vertragsbeendigung nicht wirksam ausgeschlossen werden. Er geht sogar einem vereinbarten Gerichtsstand vor, der ansonsten international respektiert wird. Der Schutz gilt jedoch nur für Handelsvertreter, die in Europa tätig sind. Arbeitet ein Handelsvertreter für ein europäisches Unternehmen in einem Drittstaat, also außerhalb der EU, kann der Ausgleichsanspruch im Vertrag ohne weiteres ausgeschlossen werden. Das gilt selbst dann, wenn der Vertrag dem Recht eines EU-Landes wie z. B. Deutschland unterliegt.

Dr. Barbara Mayer, Dr. Sven Ufe Tjarks

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