Seit einigen Jahren können Gesellschaften ihren Sitz unter bestimmten Voraussetzungen in andere EU-Länder verlegen. Angestoßen wurde diese Entwicklung vom Europäischen Recht. Die Regelung der steuerlichen Folgen hinkt ein wenig hinterher, auch in anderen EU-Ländern. Nun musste der Europäische Gerichtshof (EuGH) erneut einschreiten, damit die nationalen Steuerverwaltungen internationale gegenüber nationalen Sitzverlegungen nicht diskriminieren.

In der National Grid Indus-Entscheidung vom 29.11.2011 (C-371/10) hat er einen salomonischen Weg vorgegeben: Zwar darf das Finanzamt die stillen Reserven des „wegziehenden" Unternehmens besteuern. Aber es muss dies liquiditätsschonend tun, etwa indem die „Wegzugs-Steuer" zunächst nur gesichert und erst bei späterer Veräußerung/Entnahme gezahlt werden muss.

Die Entscheidung betrifft einen niederländischen Fall, ist aber auch in Deutschland zu beachten. Ob die deutsche Regelung den Vorgaben entspricht, darf bezweifelt werden: Nach § 4g des deutschen Einkommensteuergesetzes wird die Steuer nicht bis zur Realisierung gestundet, sondern nur auf fünf Jahre verteilt, und das auch nur, wenn die Gesellschaft ihren Satzungssitz in Deutschland behält (also nur die Geschäftsleitung ins Ausland verlegt). Der Gesetzgeber muss nachbessern. Solange kann es geraten sein, Steuerbescheide unter Hinweis auf die neue Rechtsprechung anzufechten.

Dr. Albert Schröder

 

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