Frankreich ist für deutsche Unternehmen seit Langem ein wichtiger Absatzmarkt. Wer in Frankreich allerdings einen Vertragshändler oder einen Handelsvertreter engagiert, muss sich auf ein paar Besonderheiten einrichten, vor allem dann, wenn es um die Beendigung des Vertrags geht. Und dabei spielt die „rupture brutale" eine besondere Rolle.

Ein Vertrag zwischen einem deutschen Hersteller und einem französischen Händler oder Handelsvertreter unterliegt, wenn nichts anderes geregelt wird, französischem Recht. Für Handelsvertreter gibt es europaweit einheitliche Regelungen, sodass in diesem Bereich kaum Überraschungen zu erwarten sind. Anders ist es bei Vertragshändlern. Hier hat das französische Recht ein paar Besonderheiten zu bieten:

1. Vertragshändler in Frankreich

Das Vertragshändlerrecht ist in Frankreich nicht besonders gesetzlich geregelt (genauso wenig wie in Deutschland). Nach den allgemeinen Bestimmungen muss bei der Kündigung eines Vertragshändlers aber stets eine angemessene Frist eingehalten werden. Andernfalls kann der Händler regelmäßig Schadensersatz wegen „brutalen Abbruchs" (sog. „rupture brutale" oder „rupture brusque") der Geschäftsbeziehungen verlangen. Ob eine Kündigungsfrist angemessen ist oder nicht, steht dabei ganz im Ermessen der Gerichte. Über vertraglich vereinbarte Kündigungsfristen können sie sich ohne weiteres hinwegsetzen.

Entscheidend für die Länge der zu beachtenden Kündigungsfrist ist insbesondere, wie lang die Handelsbeziehung bereits andauert. Nach einjähriger Vertragsdauer kann bereits eine Frist von zwei Monaten ausreichend sein, während nach zwölf Jahren durchaus eine Mindestkündigungsfrist von zwei Jahren denkbar ist.

In Frankreich kann ein deutscher Hersteller also nicht auf die mit seinem Händler vereinbarten Kündigungsfristen vertrauen. Schnell kann er sich erheblichen Schadensersatzforderungen ausgesetzt sehen. Denn der Händler kann die Zahlung desjenigen Betrages verlangen, den er verdient hätte, wenn der Hersteller die gebotene Kündigungsfrist eingehalten hätte. Auch besondere Investitionen des Händlers und immaterielle Schäden können Berücksichtigung finden. Das ist die schlechte Nachricht. Es gibt aber auch einen positiven Aspekt: Neben dem (möglichen) Schadensersatzanspruch aus „rupture brutale" gibt es keinen Ausgleichsanspruchs in Analogie zum Handelsvertreterrecht - anders als in Deutschland.

2. Handelsvertreter in Frankreich

Die Mindestfristen, die bei der Kündigung eines Handelsvertreters eingehalten werden müssen, sind in Frankreich gesetzlich geregelt: Während des ersten Vertragsjahres beträgt die Frist einen Monat, ab Beginn des zweiten Vertragsjahres zwei Monate und ab Beginn des dritten Vertragsjahres drei Monate.

Mit Urteil vom 3. April 2012 hat nun der französische Kassationshof, vergleichbar mit dem Bundesgerichtshof in Deutschland, klargestellt: Neben diesem besonders geregelten Entschädigungsanspruch steht dem Handelsvertreter nicht auch noch zusätzlich der allgemeine Schadensersatzanspruch wegen einer „rupture brutale" zu (falls der Hersteller zu kurzfristig kündigt). Dies ist aus rechtspraktischer Sicht zu begrüßen, weil die einzuhaltenden Kündigungsfristen damit klar erkennbar sind und nicht mehr vom Ermessen der Gerichte abhängen.

Wird ein Vertrag mit einem Handelsvertreter beendet, so steht ihm eine gesetzlich besonders geregelte Beendigungsentschädigung zu - unabhängig davon, ob der Hersteller innerhalb angemessener Frist gekündigt hat oder nicht. Die gerichtliche Praxis geht dahin, dem Handelsvertreter eine Entschädigung in Höhe von zwei durchschnittlichen Jahresprovisionen zuzusprechen.

3. Fazit

Zwischen deutschem und französischem Vertriebsrecht gibt es erhebliche Unterschiede. Deshalb sollte sich ein deutscher Hersteller genau überlegen und vorab vertraglich regeln, welches Recht auf einen Vertriebsvertrag Anwendung finden soll.

Dr. Barbara Mayer, Nils Wurch

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