Dr. Frank Jungfleisch, GesellschaftsrechtSebastian Hoegl, Gesellschaftsrecht

Vom „Sicheren Hafen“ zum „Datenschutzschild“?

Seit der Europäische Gerichtshof (EuGH) im November 2015 die Vereinbarung zwischen der EU und den USA, die eine Übermittlung von personenbezogenen Daten an Unternehmen in den USA ermöglichen soll („Safe Harbor“), für unwirksam erklärt hat, herrscht erhebliche Rechtsunsicherheit. Klar war und ist, dass eine Übermittlung von personenbezogenen Daten auf Grundlage dieser Vereinbarung nicht mehr zulässig ist.

Um die betroffenen Unternehmen zu entlasten, vereinbarten die europäischen Datenschutzbehörden ein „Moratorium“. Demnach wollten sie jedenfalls bis Ende Januar 2016 nicht gegen europäische Unternehmen vorgehen, die ihre Daten auf Grundlage von „Safe Harbor“ in die USA übermitteln. Kurz nach Ende dieses Moratoriums haben die EU-Kommission und die US-Regierung nun verkündet, dass man sich auf eine Neuregelung geeinigt habe. Über den Inhalt der Neuregelung ist bislang wenig bekannt. Offenbar liegen auch noch keine ausgearbeiteten Regelungen vor, lediglich ein Name („EU-US Privacy Shield“ = „Datenschutzschild“) ist bekannt.

Zu den bereits bekannt gewordenen Eckdaten der neuen Vereinbarung gehört, dass Unionsbürger die Möglichkeit erhalten sollen, kostenfrei einen Ombudsmann in den USA einzuschalten. Zudem sollen die amerikanischen Unternehmen stärker als bislang durch das amerikanische Wirtschaftsministerium überprüft werden.

Unklar ist aber noch, wie die neue Vereinbarung mit dem größten Kritikpunkt des EuGH umgehen wird. Der EuGH hatte seine Entscheidung maßgeblich darauf gestützt, dass die amerikanischen Sicherheitsbehörden nahezu vorbehaltlos Zugriff auf personenbezogene Daten erhalten. Eine Gesetzesänderung in den USA ist hierzu offenbar nicht geplant, vielmehr scheint sich die EU-Kommission im Wesentlichen auf Zusagen des US-Geheimdienstkoordinators zu verlassen.

Wenig überraschend wird die geplante neue Vereinbarung daher bereits jetzt heftig kritisiert. Datenschützer haben Zweifel, ob eine Vereinbarung mit dem bislang bekannten Inhalt vor dem EuGH Bestand haben würde.

Der Zusammenschluss der Europäischen Datenschutzbehörden (die sog. „Artikel 29 Arbeitsgruppe“) äußert sich bislang noch zurückhaltend und hat eine umfassende Prüfung angekündigt. In der Zwischenzeit sind nach Auffassung der Arbeitsgruppe jedenfalls alle Datenübermittlungen in die USA auf Grundlage des Safe Harbor Abkommens unzulässig. Die nationalen Aufsichtsbehörden sollen im Einzelfall entscheiden, ob und in welcher Form sie gegen Verstöße vorgehen. Datenübermittlungen in die USA auf Grundlage von EU-Standardverträgen oder „Binding Corporate Rules“ sollen hingegen während der Prüfphase weiterhin toleriert werden. Mit Ablauf der Prüfphase – voraussichtlich im März – will die Arbeitsgruppe dann entscheiden, ob Datenübermittlungen auf dieser Grundlage weiterhin zulässig sind.

Für Unternehmen sind dies leider nur bedingt gute Nachrichten. Positiv ist dabei sicher, dass sich EU-Kommission und die US-Regierung aktiv um eine Lösung bemühen. Allerdings verbleibt bis auf weiteres eine erhebliche Rechtsunsicherheit. Unternehmen sind daher gut beraten, wenn sie Datenübermittlungen in die USA (und hierzu gehört auch die Nutzung von IT-Dienstleistungen amerikanischer Anbieter, wie z.B. Cloud-Lösungen) bereits jetzt intensiv überprüfen. Dringender Handlungsbedarf besteht für solche Unternehmen, die sich nach wie vor auf Safe Harbor verlassen.

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