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Neues EU-Erbrecht: Sind bereits verfasste Testamente von Ehepaaren damit wertlos?

Hintergrund

Ab diesem Sommer ändern sich zahlreiche Vorschriften rund um das eigentliche Erbrecht. Eine typisch deutsche Spezialregelung ist davon besonders betroffen: Das sogenannte „Berliner Testament“, mit dem sich Ehepaare in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Erben einsetzen und bestimmen, dass nach dem Tode des Überlebenden der beiderseitige Nachlass an einen Dritten – häufig an die Abkömmlinge – fallen soll. Gleich, ob Auswanderer ins Ausland, Pflegetouristen, und/oder Rentner mit Wohnsitz im Ausland, wer auch immer: Ein deutsches Ehepaar, das in Deutschland ein Berliner Testament gemacht und dann „seinen gewöhnlichen Aufenthalt“ ins Ausland verlegt hat, kann nicht (mehr) sicher davon ausgehen, dass der geäußerte Wille auch in oder von anderen Ländern anerkannt wird, zumindest wenn „Auslandnachlass“ vorhanden ist.

Neues Recht

Am 17.08.2015 tritt die Europäische Erbrechtsverordnung in Kraft. Die europäische Union hat sich zum Ziel gesetzt, auch im Erbrecht einheitliche Standards zu entwickeln. Um dieses Ziel in allen 28 Mitgliedstaaten sogleich zu erreichen, bedurfte es dieser Europäischen Verordnung, in der unter anderem neue Bestimmungen über die Zuständigkeiten und über das jeweils anzuwendende Recht enthalten sind. In grenzüberschreitenden Erbfällen gilt für den Nachlass dann in der Regel nur noch eine Rechtsordnung, nämlich das Erbrecht des Landes, in dem der Verstorbene zum Zeitpunkt seines Todes seinen „gewöhnlichen Aufenthalt“ hatte. Hier können Überraschungen drohen, deshalb sollten Erblasser jetzt handeln. Soweit in presserechtlichen Stellungnahmen zu lesen ist, das neue EU-Erbrecht mache „deutsche Testamente wertlos“, ist dies in dieser Allgemeinheit zu plakativ, zugleich auch unrichtig: So findet die Verordnung zunächst einmal nur auf die Rechtsnachfolge von Personen Anwendung, die am 17.08.2015 oder danach verstorben sind. Hatte der Erblasser das auf seine Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendende Recht vor August 2015 gewählt, so ist diese Rechtswahl (trotzdem) wirksam, jedenfalls wenn sie bestimmte Voraussetzungen, die sich im Einzelnen aus der EU-Verordnung selbst ergeben, erfüllt, oder wenn sie nach den zum Zeitpunkt der Rechtswahl geltenden Vorschriften des internationalen Privatrechts in dem Staat, in dem der Erblasser seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, oder in einem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er besaß, wirksam ist.

Beispiel: Das deutsche Ehepaar, das als Wahlheimat Spanien gewählt hat und sich ganz überwiegend während des Jahres auch dort aufhält, hat durchaus die Möglichkeit, das vor dem Inkrafttreten der Verordnung bereits geschaffene sogenannte „Berliner Testament“ zu retten. Ggf. ist dafür allerdings ein formwirksamer – und daher – handschriftlicher Zusatz erforderlich, mit dem die Ehepartner dann gemeinsam verfügen, dass für ihren Nachlass das deutsche Erbrecht gelten soll.

Fazit

Deutsche Paare, die ein gemeinschaftliches Testament errichtet und danach den gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlagert haben, sollten sich rechtzeitig informieren und ggf. durch eine kleine Nachkorrektur die Wirksamkeit der Verfügung von Todes wegen absichern.

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