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Neue Rechtsprechung zum Urlaubsrecht

Vor wenigen Wochen ergingen gleich zwei Entscheidungen des BAG aus dem Bereich des Urlaubsrechts.

Urlaubsgewährung bei Kündigung

Im ersten Urteil (10.02.2015 - 9 AZR 455/13) schiebt das BAG der gängigen Praxis einen Riegel vor, nach der Arbeitgeber Kündigungen mit Freistellung unter Anrechnung auf noch ausstehende Urlaubstage verknüpften.

In dem zugrundeliegenden Fall wurde ein Mitarbeiter außerordentlich hilfsweise ordentlich gekündigt. Für den Fall der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung, sollte der Mitarbeiter unter Anrechnung der Urlaubsansprüche von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt werden.

Das BAG entschied, dass dadurch der Anspruch auf Erholungsurlaub nicht erfüllt worden sei. Hierfür sei neben der Freistellung auch die Vergütung erforderlich, die sich nach §§ 1, 11 BUrlG richtet. Damit wird der vom EuGH vorgegebene einheitlich-zweigliedrige Urlaubsbegriff konsequent auf diesen Sachverhalt angewendet. In der dazugehörigen Pressemitteilung wird dementsprechend auch mitgeteilt: „Deshalb gewährt ein Arbeitgeber durch die Freistellungserklärung in einem Kündigungsschreiben nur dann wirksam Urlaub, wenn er dem Arbeitnehmer die Urlaubsvergütung vor Antritt des Urlaubs zahlt oder vorbehaltlos zusagt".

Bisher hatte das BAG anders entschieden und eine vorsorgliche Urlaubserteilung in Fällen der unwirksamen Kündigung im Kündigungsschutzprozess gebilligt (so etwa BAG vom 08.03.1984, 6 AZR 600/82). Dennoch ist die Rechtsprechungsänderung keine Überraschung. Zum einen entspricht sie den Vorgaben des EuGH zur Einheitlichkeit des Urlaubsanspruchs, zum anderen hatte der 6. Senat des BAG bereits in einem früheren Urteil den einheitlich-zweigliedrigen Urlaubsbegriff vertreten (BAG vom 09.01.1979 - 6 AZR 647/77).

Die Revision des Klägers hatte im entschiedenen Fall übrigens dennoch keinen Erfolg. Nach Ansicht der Bundesrichter hat ein im parallelen Kündigungsverfahren geschlossener Vergleich die Ansprüche aus und in Verbindung mit dem Arbeitsverhältnis abschließend geregelt. Damit hatte sich auch der Urlaubsabgeltungsanspruch erledigt.

Keine Kürzung des Urlaubs bei Wechsel von Voll- in Teilzeitbeschäftigung mit weniger Wochenarbeitstagen

Die zweite Entscheidung des BAG zum Urlaubsrecht vom selben Tag (9 AZR 53/14 (F)) nimmt ebenfalls auf eine Entscheidung des EuGH (vgl. EuGH, Urteil vom 22.04.2010 - C-486/08) Bezug. Danach darf die Zahl der Tage des bezahlten Jahresurlaubs nicht wegen Übergangs in eine Teilzeitbeschäftigung verhältnismäßig gekürzt werden, wenn ein vollzeitbeschäftigter Arbeitnehmer vor seinem Wechsel in eine Teilzeittätigkeit mit weniger Wochenarbeitstagen keinen Urlaub nehmen kann. Damit ändert das BAG seine bisherige Rechtsprechung. In der Pressemitteilung des BAG zum entschiedenen Fall heißt es: „Aufgrund dieser Rechtsprechung des EuGH konnte an der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht festgehalten werden, nach der die Urlaubstage grundsätzlich umzurechnen waren, wenn sich die Anzahl der mit Arbeitspflicht belegten Tage verringerte".

Anlass war die Klage eines Arbeitnehmers für den grundsätzlich § 26 Abs. 1 TVöD Anwendung gefunden hat. § 26 Abs. 1 TVöD regelt unter anderem, dass sich der für die Fünftagewoche festgelegte Erholungsurlaub nach einer Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit auf weniger Tage vermindere. Das BAG befand, dass diese Vorschrift wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitkräften unwirksam sei, soweit durch sie die Zahl der während der Vollzeittätigkeit erworbenen Urlaubstage vermindert würde.

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