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Vertriebstätigkeit als Kardinalpflicht   

Der Autohersteller BMW zahlt seinen Händlern in China wegen zu hoch angesetzter Verkaufsziele 685 Millionen Euro. Was bedeutet das für den deutschen Handel?

Die wichtigste Pflicht, eine sogenannte Kardinalpflicht, des Handels ist die umfassende Absatzförderung des Markenfahrzeugs. Sie findet sich in jedem Vertriebsvertrag und wird präzisiert durch die jährlich festgesetzten Verkaufsziele. Wer sie verletzt, kann seinen Vertrag fristlos verlieren. Doch die Ziele können nicht beliebig gesetzt werden, wie das aktuelle Beispiel von BMW in China zeigt. Angesichts der Tatsache, dass der hiesige Handel unter notorisch niedrigen Renditen leidet, stellt sich die Frage: Besteht bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Absatzförderungspflicht als Kardinalpflicht auch ein Anspruch auf ein angemessenes Entgelt? Im Grundsatz hat dies die Rechtsprechung bisher bejaht und deswegen Änderungsvorbehalte bei der Gewährung von Grundrabatten und bei zusätzlichen Leistungen als unwirksam angesehen. Noch tut sich die Rechtsprechung aber schwer, schon beim Vertragsschluss eine Angemessenheitsprüfung vorzunehmen: Hier wird vielfach auf die Verantwortung des Vertragspartners verwiesen, der selbst entscheiden müsse, ob er mit dem vereinbarten Entgelt grundsätzlich leben könne oder nicht. Davon unabhängig ist die Frage, ob einseitig vom Hersteller festgelegte Jahreszielsetzungen, die sich als unrealistisch erweisen, Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. Hierüber ist bisher kein Rechtsstreit geführt worden - auch, weil sich der einzelne Vertragshändler ohnmächtig gegenüber dem großen Hersteller sieht. Ein Anspruch erscheint gleichwohl nicht ausgeschlossen. Denn schon die dem Hersteller obliegende gesteigerte Treue- und Fürsorgepflicht gegenüber seinen Vertriebspartnern hat zur Konsequenz, dass der Hersteller verpflichtet ist, Schaden von seinen Vertriebspartnern abzuwenden. Wer zu hohe und unangemessene Ziele setzt, verursacht indes einen gegebenenfalls erheblichen Schaden.

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