Der Grundstückeigentümer haftet nicht für die Entnahme von elektrischer Energie durch einen Pächter

Der BGH hat entschieden, dass im Falle einer Stromentnahme durch einen Pächter kein Energieversorgungsvertrag zwischen dem Energieversorgungsunternehmen (EVU) und dem Eigentümer des Grundstücks zustande kommt. Das EVU kann daher für die Lieferung der Energie keine Zahlung von dem Eigentümer verlangen. Nicht entschieden hat der BGH, unter welchen Voraussetzungen der Eigentümer dem EVU haftet, wenn er den verbrauchenden Pächter nicht benennt.

Die Entscheidung des BGH - kein Vertrag mit dem Eigentümer

Der BGH hat entschieden, dass dem Energieversorger kein Anspruch gegen den Eigentümer des Grundstücks aus einer Stromlieferung an den dortigen Pächter zusteht. Der beklagte Eigentümer hatte das Grundstück zunächst von der früheren Eigentümerin erworben und später an seinen Sohn verpachtet. Der Pächter betrieb auf dem Grundstück eine Gaststätte und verbrauchte erhebliche Mengen an Strom, ohne dabei jemals eine Mitteilung an das klagende EVU zu machen oder mit diesem einen schriftlichen Vertrag abzuschließen.

Die Auslegung des allgemeinen Vertragsangebots (sogenannte „Realofferte"), die ein EVU durch das zur Verfügung stellen eines Niederspannungsanschlusses macht, ergibt, dass dieses stets an denjenigen gerichtet ist, der die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Stromanschluss ausübt. Dies war nach den Feststellungen der Instanzgerichte vorliegend der Pächter, so dass die rechtliche Betrachtung ergab, dass mit diesem und nicht mit dem Eigentümer ein Stromliefervertrag bestand. 

Einordnung der Entscheidung und Praxisfolgen

Die Entscheidung des BGH betrifft in tatsächlicher wie rechtlicher Hinsicht nur einen kleinen Ausschnitt der Fragen, die zu betrachten sind wenn es um den Vertragsschluss durch Stromentnahme geht. 

Tatsächlich ist stets die Verfügungsgewalt über den Stromanschluss maßgeblich und nicht der Miet- oder Pachtvertrag. Im Bereich der Grundversorgung von Haushaltskunden sind durchaus ähnliche Sachverhalte denkbar, in denen der Eigentümer/Vermieter nach den Umständen derjenige ist, der die Verfügungsgewalt über den Stromanschluss ausübt. Aber auch im Bereich von gewerblichen Pachtverhältnissen gibt es Konstellationen (z.B. Unterpacht oder Konzessionierung), in denen  der Verpächter und nicht der Pächter die tatsächliche Kontrolle über den Anschluss hat und nach dem Urteil des BGH Vertragspartner wird.

Rechtlich ist die Entscheidung des BGH auf die Frage begrenzt, ob der Eigentümer als Vertragspartner die Bezahlung des durch einen Dritten verbrauchten Stroms schuldet. Der BGH hatte nicht zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen der Grundstückseigentümer und/oder der vorherige Anschlussnutzer dem EVU als Dritte haften können, zum Beispiel wenn sie ihre (im Bereich der Haushaltskundenversorgung in § 2 Abs. 2 StromGVV verankerte) Pflicht verletzen, dem Grundversorger den neuen Nutzer mitzuteilen.

Versorgern wie Stromkunden ist daher nach wie vor dringend anzuraten, Stromlieferverträge in Textform abzuschließen. Auch Grundstückseigentümer sollten sich nicht darauf verlassen, es werde stets nur der Mieter/Pächter Vertragspartner. Dies ist ebenso eine Frage des Einzelfalls wie die mögliche Haftung des Eigentümers bzw. vorherigen Anschlussnutzers für die Verbräuche eines Dritten.

Dr. Stefan Lammel
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Dr. Ingo Reinke

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