Schlichtungsverfahren im Gesellschaftsvertrag

Viele Gesellschaftsverträge enthalten Schlichtungsklauseln als Mittel zur Lösung von Gesellschafterstreitigkeiten. So kann ein Gesellschaftsvertrag bestimmen, dass die Gesellschafter bei Gesellschafterstreitigkeiten erst dann vor staatlichen Gerichten klagen können, wenn zuvor ein außergerichtliches Schlichtungsverfahren durchgeführt wurde. Eine Klage gegen Gesellschafterbeschlüsse ist deshalb unzulässig, wenn sie vor Durchführung des Einigungsversuchs erhoben wird. Dies hat das OLG Frankfurt am 06.05.2014 entschieden und aufgezeigt, welche Aspekte bei der Vereinbarung von Verfahrensregeln zu beachten sind.

Hintergrund

Im Rahmen des Gesellschafterstreits um den Suhrkamp-Verlag klagte die Minderheitsgesellschafterin auf Feststellung der Unwirksamkeit von Gesellschafterbeschlüssen. Der Gesellschaftsvertrag der Kommanditgesellschaft enthält die Regelung, dass bei Streitigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten die streitenden Gesellschafter zunächst jeder einen Vertrauensmann bestellen, die sich gemeinsam um eine Verständigung bemühen sollten (Schlichtungsverfahren). Erst wenn binnen zwei Monaten keine Verständigung erreicht werde, stehe den Parteien der Rechtsweg offen. Die Minderheitsgesellschafterin hatte fast zeitgleich das Schlichtungsverfahren eingeleitet und Klage erhoben. Das Landgericht Frankfurt hatte der Klage überwiegend stattgegeben.

Das Urteil des OLG Frankfurt (Az. 5 U 116/13)

Das OLG Frankfurt hat das Urteil des LG aufgehoben und die Klage als unzulässig abgewiesen, weil das im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Schlichtungsverfahren vor Klageerhebung nicht durchgeführt wurde. Der Zweck einer solchen Schlichtungsklausel sei die Vermeidung der Klage und eine Veröffentlichung des Konflikts. Dieser Zweck könne nur erreicht werden, wenn eine ohne Einigungsversuch erhobene Klage unzulässig sei. Anderenfalls bestünde die Gefahr, dass das Schlichtungsverfahren für die Parteien nur zu einer lästigen Formalie werde.

Anmerkung

Gegenüber einem Gerichtsverfahren bietet eine Schlichtung Vorteile, kann aber in verfahrenen Situationen die Klage verzögern. Gerichtsverfahren sind zwar in der Regel zeit- und kostenintensiv, führen aber - notfalls in der letzten Instanz - zu einer verbindlichen Entscheidung. Insbesondere Beschlussmängelstreitigkeiten können eine Gesellschaft daher über einen langen Zeitraum handlungsunfähig machen, wenn Beschlüsse aufgrund der Anfechtung durch einen Gesellschafter nicht umgesetzt werden können. Während ein Gerichtsverfahren die Parteien zur Konfliktaustragung in der Öffentlichkeit zwingt, finden die wenig formalisierten Schlichtungsverhandlungen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Bestehende Probleme, Konflikte und Gesellschaftsinterna dringen nicht nach außen. Diese Zwecke können aber auch durch eine Schiedsklausel erreicht werden, wonach ein Schiedsgericht (bspw. nach den formalisierten Regeln der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit - DIS) unter Ausschluss ordentlicher Gerichte eine verbindliche Entscheidung trifft. Nach der jüngeren Rechtsprechung des BGH sind Schiedsklauseln im Gesellschaftervertrag unter engen Voraussetzungen auch für Beschlussmängelklagen möglich. Sie setzt insbesondere voraus, dass alle Gesellschafter Zugang zum Verfahren haben. Beispielhaft können hierfür die Musterklauseln der DIS herangezogen werden. Bei Schiedsverfahren ist immer zu beachten, dass es keine Rechtsmittel gibt.

Da eine einvernehmliche Konfliktlösung im Rahmen des Schlichtungsverfahrens nicht immer möglich ist, sollten Gesellschaftsverträge feste Mechanismen vorsehen, wann nach der Schlichtung eine Klage eingereicht werden kann. Das ist - wie hier - durch eine feste zeitliche Begrenzung möglich, kann aber auch durch eine jederzeitige Ausstiegsmöglichkeit eines Gesellschafters vom Schlichtungsverfahren erfolgen. Hierbei sind besonders die Anfechtungsfristen zu beachten. Bei Aktiengesellschaften dürfte eine Schlichtung wegen der einmonatigen Anfechtungsfrist für Beschlussmängelklagen ohnehin nicht relevant sein. Diese Frist gilt für GmbHs zwar entsprechend, allerdings können in der GmbH alle Gesellschafter die Anfechtungsfrist auf die Schlichtungsklausel abstimmen. Eine solche Fristenabstimmung ist in der GmbH daher zwingend; in Personengesellschaften sollten Anfechtungsfristen im Gesellschaftsvertrag aber ebenfalls geregelt sein (sonst gilt dort eine unbegrenzte Anfechtungsfrist).

Die Gesellschafter sollten immer bedenken, ob eine Schiedsklausel für ihre Zwecke nicht angemessener ist oder doch der Rechtsweg zu den Gerichten unbeschränkt offenstehen soll.

Dr. Stefan Lammel
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Stephanie von Riegen

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